Die Riester-Lüge

Verbraucherschützer schlagen Alarm: Viele der staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukte sind zu teuer und intransparent. Und die staatlichen Zulagen werden von Vertragskosten aufgefressen
von  Abendzeitung
Die staatlich geförderte Altersvorsorge garantiert solide Zulagen
Die staatlich geförderte Altersvorsorge garantiert solide Zulagen © dpa

BERLIN - Verbraucherschützer schlagen Alarm: Viele der staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukte sind zu teuer und intransparent. Und die staatlichen Zulagen werden von Vertragskosten aufgefressen

Die Riester-Rente gehört nach Ansicht des Bundesverbands der Verbraucherzentralen dringend auf den Prüfstand. Acht Jahre nach der Einführung der staatlich geförderten Zusatz-Rente seien mangelnde Kostentransparenz und miese Beratung an der Tagesordnung, so das vernichtende Zeugnis der Experten. „Ein passendes Riester-Produkt zu finden, gleicht einem Lotteriespiel“, lautet das Urteil von Verbands-Chef Gerd Billen. Auch eine Untersuchung des Verbrauchermagazins „Öko-Test“ zeigt: Wegen der hohen Verwaltungskosten und Provisionen bei Riester-Produkten kann eine herkömmliche kapitalgedeckte Rente sogar attraktiver sein.

Was prangern die Renten-Experten an?

Forscher der Uni Bamberg haben im Auftrag der Verbraucherzentralen herausgefunden, dass nur rund die Hälfte aller Förderberechtigten bisher einen Riester-Vertrag abgeschlossen hat – im September waren es 13 Millionen. Dazu kommt: Nur 60 Prozent der Empfänger erhalten die maximale Zulage – „also das, was die Riester-Rente interessant macht“, so Billen. Wenn darüber hinaus staatliche Zulagen von den Vertragskosten aufgezehrt würden, sei das „keine Förderung der Altersvorsorge mehr, sondern eine Förderung der Finanzbranche“.

Nur knapp die Hälfte aller Riester-Anbieter stellen überhaupt nutzbare Informationen über die Kosten der Verträge bereit. Ein Drittel der Angebote enthalten keine Angaben zu den Kosten eines Vertragswechsels, fast ein Viertel keine hinreichenden Informationen zu Abschluss- und Verwaltungskosten. Billen: „Die Leute werden auf den Märkten veräppelt. Sie zahlen oft zu viel an Verwaltungs- und Abschlussgebühren, und die steuerlichen Zulagen landen auf den Konten der Banken, Fonds und Versicherungen.“

Wie können Bürger besser informiert werden?

Viele Bürger seien bei der Wahl „schlicht überfordert“, so Billen. Sein Verband fordert eine Standardisierung der Produkt- und Kosteninformationen, damit Verbraucher Verträge besser miteinander vergleichen können. Anbieter sollten verpflichtet werden, Preisschilder für ihre Produkte zu berechnen. Auch solle es Marktwächter geben, die bei der Finanzaufsicht Alarm schlagen müssten.

Sind Privatrenten sinnvoller?

Eine Rentenversicherung mit Riester-Förderung bietet den Sparern trotz staatlicher Zulagen oftmals weniger Leistung als ungeförderte Privatrenten, so „Ökotest“. Die Vertragskosten bei Riester-Renten seien fast immer höher als bei Privatrenten, so dass ein Großteil der versprochenen Verzinsung dadurch aufgezehrt werde. Bei den geprüften Modellfällen hatten Riester-Sparer zu Rentenbeginn bis zu 3263 Euro weniger Garantiekapital und bis zu 14 373 Euro weniger an Gesamtkapital auf dem Konto als bei einer ungeförderten Privatrente. Die Vertragslaufzeit und die Höhe der Einzahlungen seien in den getesteten Fällen identisch gewesen.

Auch die Rentenleistung fällt bei Riester-Verträgen geringer aus. In einem Vergleichsfall sei einem 35-Jährigen bei einer Vertragslaufzeit von 30 Jahren und einer jährlichen Einzahlung von 2100 Euro eine Rentenleistung prognostiziert worden, die um 540 Euro unter der einer Privatrente gelegen habe.

Lesen Sie am Mittwoch auf abendzeitung.de: Welche Riester-Produkte sich wirklich lohnen

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.