Die Prügelknaben
MÜNCHEN - Höhere Strafen werden Gewalt gegen Polizisten nicht stoppen - AZ-Landtagskorrespondentin, Angela Böhm, über die Gewalt gegen Polizisten
An den Königshöfen des 15.Jahrhunderts waren es Bauernbuben, die anstelle des adeligen Nachwuchses gezüchtigt wurden. Heute sind die Prügelknaben der Nation die Polizisten in Uniform. Die flößt keinen Respekt mehr ein. Aus der Polizei, „deinem Freund und Helfer“, wurde inzwischen „dein Feind und Gegner“, der als Ventil für den ansteigenden sozialen Frust in der Gesellschaft dient.
Immer öfter werden die Beamten bei ganz banalen Vorfällen angegriffen: Beim Schlichten eines Familienstreits verbünden sich die Streithähne und vermöbeln den Polizisten. Bei einer Ruhestörung in München bekam der Beamte gleich eine Eisenstange übergezogen, obwohl er den Lärmer nur auffordern wollte, seine Anlage leiser zu drehen. In Ansbach streckten Jugendliche kürzlich einen Polizisten mit einem Faustschlag ins Gesicht nieder, weil er sie ermahnte, ihre Bierflaschen nicht auf der Straße zu zerschmettern. Dass Streifen, die einen Parksünder aufschreiben, von Passanten angegriffen werden, gilt inzwischen als Alltag. Polizisten werden immer häufiger zum Opfer – fast immer ist Alkohol mit im Spiel. Das geht aus einer kriminologischen Studie hervor, die gestern vorgestellt wurde. Das Verhältnis von Polizei und Gesellschaft ist quasi zerrüttet.
Nun schreien wieder alle nach höheren Strafen – auch wenn die das Problem nicht lösen. Dass man besser an der krankenden Gesellschaft ansetzen müsste, sagt keiner. Denn das ist ja nicht so einfach, wie das Strafmaß schnell von zwei auf drei Jahre heraufzusetzen.