Die Öko-Profiteure
Hamburg - Sarkastisch, aber wahr: Conergy hätte nichts Besseres passieren können als die Atomkatastrophe. Der Aktienkurs des Anbieters von Solaranlagen dümpelte seit Langem wegen schlechter Finanzdaten im Cent-Bereich vor sich hin. Doch nach den ersten Explosionen im Reaktor Fuku-shima schnellte die Aktie nach oben. Zeitweise verdoppelte sich der Wert der Firma.
Die deutsche Solarbranche erlebt zurzeit – zumindest an der Börse – eine Sonderkonjunktur. Der Aktienindex Ökodax, in dem unter anderem einige Solartitel gelistet sind, gewann seit Beginn der Woche rund 20 Prozent.
Seit Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach, den Umstieg auf alternative Energien zu beschleunigen, ordern die verunsicherten Investoren Öko-Titel. Zwar nahmen viele Solar-Anleger am Mittwoch Gewinne mit, so dass die Kurse zwischenzeitlich bröckelten, doch geht’s seitdem wieder bergauf. Das ist Balsam für die Unternehmen, die zuletzt hart zu kämpfen hatten. Weil weltweit immer mehr Anbieter auf dem Markt sind und die Herstellungskosten für Solarzellen nach unten gegangen sind, fährt Berlin die Förderung für die Branche runter. Auch Spanien, früher ein wichtiges Abnehmerland, hat 2010 erneut seine Subventionen gekürzt.
Jetzt hoffen die Hersteller auf rasche Investitionen der Energieversorger und privater Kunden. Und sie sind nicht die einzigen: Siemens empfiehlt sich ebenfalls als Öko-Hersteller. Der Konzern werde „als Anbieter von Gas-Turbinen zu den Profiteuren einer Abschaltung von Kernkraftwerken gehören”, glauben die Analysten der Unicredit. Gasturbinen liefern zwar keine Öko-Energie, jedoch setzt Gas bei der Verbrennung weniger Schadstoffe frei als Erdöl oder Kohle und gilt deswegen als relativ umweltfreundlicher Rohstoff.
Was die Zahl der Beschäftigten angeht, kann sich die Ökoenergie-Branche mittlerweile mit Schlüsselindustrien wie der Pkw-Herstellung messen. 370000 Menschen arbeiten bei den Firmen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung ist auf 17 Prozent gestiegen.
Allerdings regt sich auch Kritik am Öko-Aufschwung. „Überall, wo man versucht, eine neue Anlage zu installieren, gibt es Widerstand”, sagt Philipp Vohrer von der Agentur für erneuerbare Energien. Selbst Umweltverbände und lokale Politiker der Grünen gingen oft auf die Barrikaden, wenn Windräder oder Photovoltaikanlagen errichtet werden. Besonders der Bau neuer Stromleitungen wird bekämpft. Dabei sind fehlende Leitungen ein Haupt-Hindernis für die Wende zum Ökostrom.
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