Die Datenfalle

"Die Telekom kann froh sein, dass sie ihren unglaublichen Schnüffelskandal zu einem Zeitpunkt erlebt, da der Datenschutz ohnehin wie ein Relikt aus alter BRD–Zeit wirkt. Frank Müller über den Datenskandal bei der Telekom.
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Dunkle Wolken über der Bonner Telekom-Zentrale. Der Konzern gerät in der Bespitzelungsaffäre immer stärker unter Druck.
az 2 Dunkle Wolken über der Bonner Telekom-Zentrale. Der Konzern gerät in der Bespitzelungsaffäre immer stärker unter Druck.
Frank Müller, Ressortleiter AZ-Aktuell
Martha Schlüter 2 Frank Müller, Ressortleiter AZ-Aktuell

"Die Telekom kann froh sein, dass sie ihren unglaublichen Schnüffelskandal zu einem Zeitpunkt erlebt, da der Datenschutz ohnehin wie ein Relikt aus alter BRD–Zeit wirkt. Frank Müller über den Datenskandal bei der Telekom.

Sandra ist Studentin in Bayern, SternzeichenWassermann, in fester Beziehung lebend, 22 Jahre alt. Zu ihren Lieblingsfilmen zählt „Forrest Gump“, Sandra liest gern Böll und Johann Wolfgang von Goethe, ihre Freundinnen sind Romy und Iris.Wen das interessiert und woher wir das wissen? Erstens: mehr Menschen, als man denkt. Zweitens: von Julias selbst angelegtem Profil beim Internet-Kontaktforum Myspace.

Es ist noch nicht lange her, da hätte die Vision von frei zugänglichen Datensätzen über Millionen von Menschen Stoff für albtraumhafte Thriller Orwellscher Machart geboten. Die Leidenschaft etwa, mit der das halbe Land 1987 gegen die Volkszählung kämpfte, wirkt heute nur noch rührend. Das Jahr 2008 kennt andere Probleme: Wer seine Freundschaften nicht bei Facebook und StudiVZ pflegt, ist uncool; wer beruflich etwas erreichen will ohne Lebenslauf bei Xing, sollte seine Karrierepläne schnell begraben. Die Telekom kann froh sein, dass sie ihren unglaublichen Schnüffelskandal zu einem Zeitpunkt erlebt, da der Datenschutz ohnehin wie ein Relikt aus alter BRD–Zeit wirkt. Ansonsten hätte sie ihn nämlich als Unternehmen womöglich nicht überlebt.

Der Kunde von heute aber, gewöhnt daran, dass ohnehin alles „im Internet“ zu finden ist, nimmt selbst das brutalste Datenschindluder achselzuckend zur Kenntnis. Übrigens: Sandra und ihre Freundinnen heißen in Wahrheit anders. Ansonsten würde man die drei, kombiniert mit den Suchworten Böll, Johann Wolfgang von Goethe, Forrest Gump und Myspace bei Google auf Platz eins finden.

Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der AZ

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