Die atomisierte Liga
"Neun Anstoßzeiten: Die neue Unübersichtlichkeit im Fußball": AZ-Vize-Sportchef Jochen Schlosser über die neue Bundesliga.
Samstag, 15.30 Uhr, Radio an, Bundesliga. Abends Sportschau. So schön war das einst. Keine Wettbewerbsverzerrung. Keine Wochenendverzerrung. Einfach nur Fußball. Was selbstverständlich seit Jahren passé ist. Der geneigte Fan bekommt seinen erst- und zweitklassigen Lieblingssport Freitag, Samstag, Sonntag und Montag serviert. Häppchenweise.
Schließlich will das Geld, das Franck Ribéry, Zé Roberto oder Pawel Pogrebnjak verdienen, mittels höherer Fernsehgelder refinanziert sein. Über die Zersplitterung des Spieltages gefreut haben sich wohl die wenigsten. Es hat – unter dem Motto „Man kann nicht alles haben“ – ein Gewöhnungsprozess eingesetzt.
Nun jedoch wird die Liga atomisiert. Wer beide Spielklassen liveverfolgen will, hat neun Anstoßzeiten zu beachten. Enthusiasten mögen jubeln: Fußball rund um die Uhr! Der Sportjournalist zuckt mit den Schultern: Ich verfolge ohnehin alles! Doch der Bürger, für den es neben dem Fußball am Wochenende ein Zweitleben – vielleicht sogar eines mit Familie – gibt, der dürfte etwas mürrisch werden. Dass er sich so vors Pay-TV treiben lässt, darf bezweifelt werden.
„Sky“, wie sich der „Premiere“-Nachfolger nennt, wird es schwer haben. Aber sei’s drum. Schließlich kann man sich immer noch einfach freuen: Samstag, 15.30 Uhr, Radio an, etwas weniger Bundesliga. Abends Sportschau. Und endlich wieder Fußball.
Jochen Schlosser
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