Der Wert der Ruhe

Der sprichwörtliche Münchner will seine „Ruah“ haben, und wer sie findet, ist mehr als reich. AZ-Chefreporter Matthias Maus über den Lärm in der Stadt und den Unterschied zwischen Klang und Krach.
von  Abendzeitung
Matthias Maus
Matthias Maus © az

Der sprichwörtliche Münchner will seine „Ruah“ haben, und wer sie findet, ist mehr als reich. AZ-Chefreporter Matthias Maus über den Lärm in der Stadt und den Unterschied zwischen Klang und Krach.

Der Nachbar keift, der Reifen quietscht und nachts das Abflussrohr in der Wand. Im Verkehr und im Kaufhaus, im Fahrstuhl und sogar in der Natur – irgendwo ist immer Krach, und wenn bloß ein Handy klingelt. Das Leben ist laut in der Stadt, und dem Lärm kann man sich bekanntlich, weil die Evolution das Ohrenlid vergessen hat, auch nicht verschließen.

Der sprichwörtliche Münchner will seine „Ruah“ haben, und wer sie findet, ist mehr als reich. Er lebt gesünder und genießt ein Privileg, das 200 000 Menschen in der Stadt nicht haben. Sie müssen sich „gewöhnen“ oder mit Schallschutzfenstern leben – ihre Lebensqualität ist zumindest gedämpft.

Diesen Leuten fällt es schwerer, in sich zu ruhen. Und doch kommt man auch bei diesem Thema nicht ohne eine gewisse Gelassenheit aus. Unter Dauerbeschallung müssen wir auch weiter unterscheiden können zwischen Klang und Krach, zwischen Lärm und Lebensäußerung. Eine Gesellschaft, die Kinderspielplätze so störend findet wie Verkehrsknoten, ist nicht human, die kann niemand wollen.

Das Zusammenleben in der Stadt ist kompliziert, und wer Kindern den Wert der Stille vermitteln will, der sollte ab und zu mit ihnen sprechen – dann ist der MP-3-Player nicht mehr ganz so attraktiv. Und wenn’s gar zu schlimm wird, dann hilft ein Ausflug in den Park und den Wald. Da ist’s auch ganz schön laut jetzt im Frühling – und trotzdem findet man da seine „Ruah“.

Matthias Maus

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