Der Untergang
An der Börse kann mehr schiefgehen als nur ein Geschäft: Frank Müller über das Fiasko auf den Finanzmärkten.
Ein Absturz im Dax ist zunächst einmal nichts Schlimmes: Seitdem es Börsen gibt, folgen ihre Kurse immer auch hysterischen Überreaktionen: nackte Panik hier, pure Euphorie dort. Das liegt letztlich daran, dass ein Börsenpapier nie einen realen, verbrieften Gegenwert hat, sondern immer eine Art Wettschein auf die Zukunft ist.
Das Problem ist nur: Diese Form des Wettens ist in Zeiten des globalen Marktes unübersichtlich und schwer beherrschbar geworden. Und das eben nicht nur für den Wall-Street-Manager. Sondern auch für Otto Normalaktionär, der neuerdings im Internet in Windeseile sein Vermögen auf, sagen wir: sinkende Rindfleischpreise in Argentinien setzen kann. Neu für viele ist jetzt die unangenehme Erkenntnis, dass nicht nur der Rindfleischmarkt zusammenbrechen kann. Sondern auch die Bank, die das Geschäft vermittelt hat.
Im Verhalten vieler privater Anleger spiegelt sich die verhängnisvolle globale Mixtur aus Gier und Sorglosigkeit im kleinen wider – mit vergleichbar drastischen Folgen. Wie teuer das Zehntelprozentchen erkauft sein kann, das ich bei einem mir völlig unbekannten Institut in Island aufs Festgeld zusätzlich bekomme, das merken viele erst jetzt. Und auch wenn es bitter klingt: Es hilft wenig, mit dem Finger auf die Bank zu zeigen, die einen angeblich falsch beraten hat.
Gefragt ist immer der gesunde eigene Menschenverstand: nur dem trauen, was man genau kennt, und nie nur auf ein Pferd setzen.Wer das beherzigt, wird an den Märkten auch wieder Geld verdienen. Auch wenn es gerade nicht so aussieht
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung
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