Der Schulden-Atlas
DÜSSELDORF - Die Zahl der Zahlungsunfähigen hat im vergangenen Jahr sogar abgenommen - unter anderem, weil es weniger Konsum auf Pump gibt. Aber 2010 wird’s schlimmer
Die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland hat deutlich abgenommen – so das überraschende Ergebnis des neuen Schulden-Atlas 2009, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform gestern vorgelegt hat. Und das trotz der Krise? Ja, zum Teil sogar wegen der Krise. Allerdings stehen für nächstes Jahr die Zeichen wieder auf Sturm, so Creditreform-Experte Helmut Rödl.
Aber zunächst die gute Nachricht: Im Vergleich zu 2008 sank die Zahl der zahlungsunfähigen Verbraucher um 680000. Die Quote der überschuldeten Privatleute sank damit von 10,1 auf 9,1 Prozent der Bevölkerung. Überschuldet heißt, wenn jemand monatlich mehr Zahlungen oder Tilgungen leisten muss, als er Einnahmen hat.
Gesunkene Preise für Lebensmittel und Energie
Das liegt daran, dass die Wirtschaftskrise bisher nur zu einem moderaten Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt hat. Gleichzeitig profitieren die Verbraucher von den gesunkenen Preisen für Energie und Lebensmittel, sagt Rödl. „Außerdem haben viele Bürger in Sachen Konsum den Gürtel enger geschnallt.“ Anschaffungen auf Pump sind wegen der bedrohlichen Lage seltener geworden. Und: Noch sei die Einkommenssituation stabil.
Das dürfte sich aber nächstes Jahr ändern, sagt er – denn dann läuft bei vielen die Kurzarbeit aus und dürfte in Arbeitslosigkeit enden. Und Jobverlust ist vor allem bei Jüngeren eine wichtige Ursache für Überschuldung. Ab 35 sind es eher Trennung und Scheidung sowie gescheiterte Versuche von Selbstständigkeit.
Spitzenreiter Bayern
Trotz des positiven Trends gibt es aber Problemfelder: erstens die Frauen. Zwar sind immer noch zwei Drittel aller Betroffenen Männer. Doch der Anteil der überschuldeten Frauen steigt stetig. Zweitens die Jüngeren: Die Zahl der zahlungsunfähigen Unter-20-Jährigen wuchs seit 2004 von 75000 auf 128000, bei den 20- bis 29-Jährigen von gut 900000 auf 1,2 Millionen.
Geografisch ist 20 Jahre nach dem Mauerfall kein Unterschied mehr zwischen West (Quote 9,10 Prozent) und Ost (Quote 9,08 Prozent). Die wenigsten Schuldner gibt es in Bayern: Hier sind 6,7 Prozent der Bürger zahlungsunfähig. Spitzenreiter der Landkreise ist Eichstätt mit 3,7 Prozent. München liegt bei 5,9 Prozent, Nürnberg bei 9,4 Prozent. Bundesweites Schlusslicht ist Bremen mit einer Quote von 14,0 Prozent. tan
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