Der Machtkampf der Matriarchin

HERZOGENAURACH - Seit gut einem Jahr will Maria-Elisabeth Schaeffler die Kontrolle bei Continental an sich reißen. Jetzt erreicht der Streit einen neuen Höhepunkt: Continental-Chef Neumann muss wohl gehen
Maria-Elisabeth Schaeffler überlässt nichts dem Zufall. Schon gar nicht bei den Geschäften ihrer Schaeffler-Gruppe. Einmal die Woche trifft sich die Eigentümerin des fränkischen Autozulieferers mit Geschäftsführer Jürgen Geißinger zum Abendessen. Da besprechen sie, was bei Schaeffler geplant ist.
Die 67-Jährige dürfte daher auch bestens über den dramatischen Putschversuch informiert gewesen sein, der sich jetzt im Aufsichtsrat des niedersächsischen Zulieferers Continental abspielte – und mit dem der Machtkampf der beiden Firmen einen neuen Höhepunkt erreicht hat.
Wie lief der Putschversuch ab? Am Donnerstagabend wollte Aufsichtsratschef Rolf Koerfer Continental-Chef Karl-Thomas Neumann ablösen lassen. Koerfer ist ein Schaeffler-Mann. Er zog alle zehn Vertreter der Conti-Eigentümer auf seine Seite. Dennoch scheiterte der Plan. Die Arbeitnehmerseite war geschlossen gegen Neumanns Ablösung. Neumann bleibt vorerst im Amt.
Was hat Schaeffler gegen Neumann? Vor gut einem Jahr hat Schaeffler die Mehrheit am viel größeren Continental-Konzern übernommen – und sich dabei finanziell überhoben. Seitdem tobt ein Machtkampf, wer im neuen Konzern das Sagen hat. Neumann warf jetzt den Franken vor, die Vorschläge Continentals zu einer Fusion zu blockieren. Maria-Elisabeth Schaeffler und Jürgen Geißinger hätten „in erheblichem Maße“ den Unternehmenswert von Continental zerstört. Tatsächlich hat die Conti-Aktie seit Juli 2008 zwei Drittel an Wert verloren.
Wie wahrscheinlich ist Neumanns Ablösung? Sie scheiterte daran, dass dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat notwendig ist. Am 12. August kommt der Aufsichtsrat erneut zusammen. Dann reicht eine einfache Mehrheit für die Ablösung. Die Arbeitnehmer fürchten: Neumann muss dann gehen. Als Nachfolger ist Schaeffler-Manager Elmar Degenhart im Gespräch. Das wäre ein Sieg für die Franken.
Kommt Schaeffler damit durch? Die Conti-Arbeitnehmer kündigten an, dagegen „notfalls 120000 Leute zu mobilisieren“. Die Gewerkschaft hat Niedersachsens Staatsregierung auf ihrer Seite. Dort ist man von Neumann überzeugt. Allerdings: Er wäre nicht der erste Conti-Manager, der den Machtspielen Maria-Elisabeth Schaefflers zum Opfer fällt. Sein Vorgänger Manfred Wennemer musste nach der Schaeffler-Übernahme gehen. Er hatte der Matriarchin vorgeworfen, ihr Vorgehen sei „egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos“.