„Der Kleinsparer zahlt die Zeche“

Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins auf ein historisches Tief von 1,25 Prozent. Das trifft auch die Inhaber von Lebenspolicen. Sie müssen sich auf sinkende Renditen einstellen.
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Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank protestieren für mehr Mitbestimmung. Auch Sparer dürfen sich von der EZB benachteiligt fühlen.
dpa Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank protestieren für mehr Mitbestimmung. Auch Sparer dürfen sich von der EZB benachteiligt fühlen.

FRANKFURT/MÜNCHEN - Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins auf ein historisches Tief von 1,25 Prozent. Das trifft auch die Inhaber von Lebenspolicen. Sie müssen sich auf sinkende Renditen einstellen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erneut die Zinszügel gelockert. Sie senkte den Leitzins für die Eurozone um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent – das gab es noch nie in der EZB-Geschichte.

Die Niedrigzinsen treffen nicht nur Anleger, die ihr Geld zur Bank bringen. Auch wer eine Lebensversicherung hat, muss mit sinkenden Renditen rechnen. „Die Lebensversicherer werden ihre Zinsversprechen kaum halten können“, meint Nils Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Spätestens 2009 rechnet er mit „deutlichen Einschnitten“.

Die nehmen die Inhaber der 97 Millionen Lebenspolicen in Deutschland schon länger hin. Die Auszahlungen der Lebensversicherer gehen stetig zurück, stellt das Analysehaus Map-Report fest. So kann ein 30-Jähriger, der jetzt eine Lebenspolice abschließt und bis 2039 jeden Monat 100 Euro einzahlt, am Ende der Laufzeit im Schnitt mit gut 68000 Euro rechnen. Rendite: 3,85 Prozent. Verträge dagegen, die 1979 abgeschlossen wurden und jetzt ausgezahlt werden, rentierten mit 5,32 Prozent – ein Unterschied von rund 20000 Euro. Das schaffen heute nur die renditestärksten Versicherer.

„Wer für's Sparbuch nur ein Prozent bekommt, legt sein Geld eben in Island an.“

Ein Grund für den Renditeverfall ist das niedrige Zinsniveau. „Lebensversicherer investieren 80 Prozent der Kundengelder in Zinspapiere“, sagt Manfred Poweleit, Chefredakteur bei Map-Report. Bröckelt der Zins, sinkt die Rendite. „Der Kleinsparer zahlt so die Zeche für den Versuch der Notenbank, die Wirtschaft mit Billigzinsen anzukurbeln.“

Für erfolgversprechend hält Poweleit das nicht. Die Niedrigzinspolitik treibe Sparer in riskante Anlageformen – und verschärfe so die Probleme. „Wer auf dem Sparbuch nur ein Prozent bekommt, legt sein Geld eben in Island an.“ Hintergrund: Wegen der Finanzkrise war die isländische Kaupthing-Bank pleite gegangen. Tausende deutsche Sparer waren betroffen. Lebensversicherungen hält Poweleit dagegen weiterhin für eine sinnvolle Anlage: „Da kann man kein Geld verlieren.“

„Es ist eine Mär, dass eine Lebenspolice absolut sicher ist“, warnt indessen Verbraucherschützer Nauhauser. Die Versicherer müssten vielen Kunden einen Zins von vier Prozent garantieren. Das aber ist derzeit nur möglich, wenn sie selbst verstärkt Risiken eingehen. Nauhauser schließt daher nicht aus, dass – ähnlich wie in den USA – auch in Deutschland Versicherer ins Wanken geraten könnten. „Dann sind die Garantiezinsen schnell Makulatur.“

A. Jalsovec

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