Der Fall eines Denkmals

WASHINGTON - Der US-Autobauer Chrysler ist pleite. Der Einstieg von Fiat soll das Unternehmen retten. Das Ganze könnte ein Testlauf sein für eine mögliche Insolvenz von General Motors.
Es ist einer der traditionsreichsten Autobauer der Welt: Chrysler, gegründet 1925, galt jahrzehntelang als unverrückbarer Pfeiler der US-Industrie. Doch spätestens seit Donnerstag hat der Autobauer seinen Denkmal-Status verloren. Nach einer monatelangen Hängepartie meldete Chrysler Insolvenz an. Jetzt hofft der US-Konzern auf eine Allianz mit Fiat. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum Chrysler-Debakel.
Was ist der Grund für die Insolvenz? Chrysler hat Schulden in Höhe von 6,9 Milliarden Dollar. Die US-Regierung wollte die Gläubiger mit 2,25 Milliarden abfinden, um Chrysler zu retten. Doch einige Gläubiger spielten nicht mit – zum Ärger von US-Präsident Barack Obama. „Ich stehe nicht auf deren Seite“, schäumte er. Nach dem Scheitern der Verhandlungen kündigte er an: Chrysler geht in die Insolvenz.
Was bringt Chrysler die Insolvenz? Der Konzern kann unbehelligt von Gläubigern weiterarbeiten. Das ermöglicht Kapitel 11 des US-Konkursrechts – eine Art Sanierungsverfahren unter gerichtlicher Aufsicht. Obama will es in 30 bis 60 Tagen durchziehen und hofft, dass Chrysler gestärkt daraus hervorgeht. Die US-Regierung unterstützt den Neuanfang mit acht Milliarden Dollar und erleichtert Fiat den Einstieg.
Welche Rolle spielen die Italiener? Die Hauptrolle,denn ohne Partner ist Chrysler nicht überlebensfähig. Fiat soll zunächst mit 20 Prozent einsteigen, dann auf 35 Prozent erhöhen. Im Gegenzug liefern die Italiener Technologie. Chrysler sollen spritsparende Autos auf Fiat-Basis bauen. Allerdings: Die widerspenstigen Gläubiger alles blockieren. Sie wollen Einspruch gegen den Verkauf von Chrysler einlegen.
Hat Fiat jetzt überhaupt noch Interesse an Opel? Mehr denn je, glaubt der Gelsenkirchener Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer. Fiat werde durch den Einstieg bei Chrysler nun noch stärker am deutschen Hersteller Opel interessiert sein. „Fiat wird jetzt aggressiv die Opel-Linie verfolgen, um an die 3,3 Milliarden Euro Staatsgeld heranzukommen und den Chrysler-Deal abzufedern“, so Dudenhöffer.
Was bedeutet die Chrysler-Insolvenz für General Motors? Die Insolvenz des Kleinsten unter den „Großen Drei“ der US-Autobranche (GM, Ford, Chrysler) ist eine beispiellose Zäsur. Experten vermuten mit Blick auf ähnliche Probleme bei General Motors einen Testlauf, ob das Verfahren auch für GM geeignet ist. Die Opel-Mutter hat noch bis Ende Mai Zeit, einen erfolgversprechenden Sanierungsplan vorzulegen. Auch hier stellen sich die Gläubiger bislang quer.