Der Ex-Banker legt nach

Rudolf Elmer, ehemals Direktor der Bank Julius Bär, übergibt erneut eine CD mit Kontodaten an Wikileaks. Steuerflüchtlinge müssen zittern. Angeblich betreffen die Daten 2000 Kunden.
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Ob wohl das Foto mit der nuklearen Wolke rein zufällig im Raum der Pressekonferenz hängt? Wikileaks-Gründer Julian Assagne mit Ex-Banker Rudolf Elmer.
AP Ob wohl das Foto mit der nuklearen Wolke rein zufällig im Raum der Pressekonferenz hängt? Wikileaks-Gründer Julian Assagne mit Ex-Banker Rudolf Elmer.

LONDON - Rudolf Elmer, ehemals Direktor der Bank Julius Bär, übergibt erneut eine CD mit Kontodaten an Wikileaks. Steuerflüchtlinge müssen zittern. Angeblich betreffen die Daten 2000 Kunden.

Der Ex-Banker auf der Flucht nach vorne. Rudolf Elmer, ehemals Direktor der Schweizer Privatbank Julius Bär auf dem Steuerparadies Kaimaninseln in der Karibik forciert seinen Auftritt als Kämpfer für Steuergerechtigkeit und Transparenz. Öffentlich beging er in London am Montag Geheimnisverrat, übergab erneut zwei CDs mit Namen und Kontodaten von 2000 Bankkunden an Julian Assange, den Chef der Enthüllungsplattform Wikileaks.

Auf den CDs ist angeblich auch Material über die Finanztransaktionen prominenter Bundesbürger gespeichtert. Insgesamt soll es sich um Informationsmaterial über 2000 Bankkunden handeln. Nicht nur Konten bei Julius Bär sind angeblich betroffen, sondern laut Elmer von „mindestens drei Finanzinstituten“. Die Informationen bezögen sich auf die Jahre zwischen 1990 und 2009. Sie seien ihm von dritter Seite zugetragen worden.

Viele Steuerflüchtlinge dürften jetzt zittern. Wikileaks will die Informationen „prüfen“ – was immer das Internetportal darunter versteht. Dann sollen sie veröffentlicht werden. „Wir werden diese Informationen so behandeln, wie wir alle anderen Informationen auch behandeln, die wir bekommen“, sagte Assange. „Es wird eine vollständige Offenlegung geben.“

Währenddessen bereitet sich Elmer, der seinen Job als Bankdirektor längst los ist und keine neue Stelle hat, auf seinen zweiten wichtigen Termin diese Woche vor. Am Mittwoch tritt er vor Gericht auf. Dort muss er sich gegen schwere Vorwürfe verteidigen: Die Verletzung des Bankgeheimnisses und Nötigung.

Schon 2007 hatte Elmer Kundendaten auf Wikileaks veröffentlicht – angeblich, weil er sich schämte, Teil eines Systems geworden zu sein, das Menschen bei der Steuerhinterziehung half. Auch verschiedene Medien und Steuerbehörden wurden von ihm versorgt. Julius Bär behauptet allerdings, zum Teil seien die Daten gefälscht gewesen.

Die Bank wirkt im Streit um die Infos über Steuerflüchtlinge hilflos. Angezählt ist allerdings auch Rudolf Elmer. Er soll anonym wüste Drohungen an einen Kollegen und seinen früheren Arbeitgeber geschickt haben. Einem Justitiar soll er geschrieben haben, wer werde ihn zur Strecke bringen, seinem Ex-Kollegen indirekt ebenfalls mit dem Tod bedroht haben. Zum Teil, räumt Elmer mittlerweile selbst ein, sei der Vorwurf der Nötigung berechtigt.

Der Streit zwischen Elmer und der Bank reicht bis in das Jahr 2002 zurück, als Dokumente von Julius Bär auf einmal bei den amerikanische Steuerbehörden auftauchten. Die Bank bat Mitarbeiter zum Lügendetektor-Test – auch Elmer, der nach dem Test als verdächtig eingestuft wurde. Der Manager bekam die Kündigung. Damit begann ein langer schmutziger Kleinkrieg. Elmer wurde von Privatdektektiven der Bank observiert, klagte dagegen. Auch die Bank ging juristisch gegen ihn vor, zog eine erste Anklage aber wieder zurück.

Elmer hielt sich nach seiner Kündigung eine Weile auf Mauritiums versteckt, gab allerdings dort schon Interviews, füttert seitdem seinen Internet-Auftritt mit Material über seine frühere Arbeit und mit zum Teil etwas konfusen Rechtfertigungen seines Tuns. Er macht sich stark für eine Kultur des Ausplauderns: „Verpfeifen sollte keine Sache sein, mit der man Geld macht“, schreibt er. „Aber heute muss es so sein, weil jemand, der Interna preisgibt, keinen vernünftigen Job mehr bekommen wird. Die Gesellschaft verstößt ihn.“ Elmer gegen die Finanzwelt – ein Krieg, der länger andauern dürfte.

sun

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