Der deutsche Patient
MÜNCHEN/FRANKFURT - Die Symptome spürt jetzt auch Deutschland immer stärker: Die Industrie verbucht einen beispiellosen Rückgang, die Ausfuhren brechen ein. Immerhin: Wir bleiben Exportweltmeister.
Eigentlich ist es ein neuer Rekord – aber einer, über den sich derzeit niemand so richtig freut. Deutschlands Exporteure haben im letzten Jahr so viel Waren im Ausland verkauft wie noch nie zuvor. Der Wermutstropfen: Zuletzt brachen die Ausfuhren geradezu dramatisch ein. Und auch die Industrie im Inland meldet einen drastischen Rückgang der Umsätze. Deutschland bekommt damit die Wirtschaftskrise immer stärker zu spüren. Die wichtigsten Symptome:
Exportweltmeister auf Abruf. Noch darf sich Deutschland als weltbestes Exportland fühlen. Letztes Jahr knackten die Firmen mit ihren Ausfuhren fast die Umsatzgrenze von einer Billion Euro. „Damit sind wir erneut Exportweltmeister vor China“, sagte Axel Nitschke, Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Er prophezeit aber: „Der Wachwechsel kommt.“ Wegen der Rezession bei wichtigen Handelspartnern wie den USA brachen die Exporte zuletzt ein. Im Dezember gab’s ein Minus von 7,7 Prozent, im November waren es sogar 11,8 Prozent.
Industrie auf dem Rückzug. Düster sieht es bei der Industrie im Inland aus. Der Umsatzeinbruch in der Autobranche hat ihr im Dezember das größte Minus seit der Wiedervereinigung beschert. Die Umsätze schrumpften um 12,6 Prozent. Nach Angaben der Statistiker ist das beispiellos in der deutschen Geschichte. Die Autobauer verkauften fast ein Drittel weniger als 2007.
Firmen auf Magerkur. Die Unternehmen planen wegen der Krise bereits, Jobs abzubauen. Fast jedes zweite Unternehmen will Mitarbeiter entlassen, so eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Erstmals seit 2006 stünden nun auch Kürzungen von Investitionen auf dem Programm. Steigende Gewinne erwartet in diesem Jahr nur noch gut jede 10. Firma. Auch hier spielt die Autoindustrie eine entscheidende Rolle: Weil dort die Produktion zum Teil ruht, rechnen auch Branchen wie Chemie und Kunststoff mit Rückgängen.
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