BMW: Freude am Sparen
MÜNCHEN - Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer kann sich zurzeit ziemlich über BMW aufregen. Der Grund: Bei dem Autobauer werden die Tätigkeiten der einzelnen Beschäftigten neu erfasst und bewertet. Das Ergebnis, so die IG Metall: Wer künftig neu eingestellt wird, muss damit rechnen, bis zu einige hundert Euro weniger zu verdienen als den Werkern bisher zusteht.
Anlass für die Neubewertung ist der Tarifvertrag über das Entgelt-Rahmenabkommen. Es beseitigt die Unterscheidung nach Angestellten und Arbeitern und soll damit eigentlich für mehr Gerechtigkeit sorgen. BMW nutze die Vereinbarung aber, um in großem Stil Geld zu sparen, sagte Hans Haumer, der stellvertretende Betriebsratschef im Werk München, zur AZ.
Tätigkeiten, die bisher als anspruchsvoll gegolten hätten und entsprechend gut bezahlt würden, würden zu Billig-Arbeiten herabgestuft. „Die versuchen jetzt, an der Schraube zu drehen.“ Die Differenz zwischen bisheriger und künftiger Bezahlung mache bis zu zwei Entgeltstufen aus. Bei Facharbeitern könne das einer Einbuße von 250 bis 300 Euro im Monat entsprechen, bei Ingenieuren auch schon mal 500 Euro.
„Wir haben festgestellt, dass sich die Eingruppierungen bei BMW vielfach vom Tarifvertrag wegentwickelt haben“, begründet BMW-Sprecher Michael Rebstock das Vorgehen des Konzerns. Haumer bringt für die Sparbemühungen des Autoherstellers „vom Unternehmerischen her schon ein gewisses Verständnis“ aus. Trotzdem versuche der Betriebsrat nach Kräften, dagegenzuhalten: „Die Eingruppierung war immer schon eine Machtfrage.“
Herbert Deinzer vom BMW-Betriebsrat in Regensburg wirft dem Unternehmen Schummelei vor: Die neuen Beschreibungen der Arbeitsaufgaben bildeten in vielen Fällen nicht die Tatsachen ab, sagte er den „Metallnachrichten“ der Gewerkschaft. Qualifizierten Mitarbeitern solle „die ihnen zustehende Eingruppierung vorenthalten werden“, ärgert sich auch Günther Stamm vom BMW-Betriebsrat in Landshut.
Immerhin sei der bestehende Lohn eines jeden BMW-Werker gesichert, sagt Hans Haumer – solange er nicht innerhalb des Unternehmens auf einen niedriger eingestuften Job wechsle. Und auch über die künftige Einstufung ist noch längst nicht das letzte Wort gesprochen. Bisher sei erst ungefähr jeder fünfte BMW-Arbeitsplatz neu katalogisiert worden, berichtet Haumer. Und solange die Betriebsräte ihre Unterschrift unter neue Eingruppierungen verweigerten, seien BMW die Hände gebunden.
Allerdings will Haumer nicht in die Fundamentalopposition gehen. Wenn eine Tätigkeit nachweislich einfacher geworden ist, werde der Betriebsrat mit sich reden lassen müssen, sagt er. Immerhin, gibt Haumer zu bedenken, seien die BMW-Beschäftigten auch unter den vergleichsweise schlechteren Rahmenbedingungen immer noch besser gestellt als die Belegschaften anderer Unternehmen. (AZ)