Blutige Lektionen
Die AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Verlierer des Fünf-Tage-Krieges: Georgien, aber auch der Westen.
Fünf Tage Krieg, 2000 Tote, 100000 Flüchtlinge – und einige blutige Lektionen. Der große Verlierer ist Georgiens Präsident Michail Saakaschwili: Er hat sich grotesk verschätzt und tragische Fehler gemacht – die sein Volk ausbaden muss und die abtrünnigen Provinzen für immer verloren gingen ließen. Natürlich war ihm klar, dass er mit seinem Versuch, Südossetien gewaltsam zurückzuerobern, keine Chance gegen die Übermacht der Russen hat – und dass die Antwort brachial sein würde. Aber offenbar hat er wirklich fest darauf vertraut, dass der Westen oder wenigstens Bush ihm militärisch zur Hilfe kommen. Auch deswegen, um doch noch ein Eingreifen der Nato zu erzwingen, seine zuletzt verzweifelten, dramatisierenden Appelle: Die Russen hätten sein Land in zwei Teile zerschnitten – da standen sie gerade mal wenige Kilometer hinter der Grenze. Doch Bush blieb taub: Fünf Monate vor dem Ende seiner Amtszeit hatte er wenig Lust, seine Truppen nach dem Irak-Desaster nun noch gegen Russland in Marsch zu setzen.
Genau darauf hat der Kreml gesetzt – und das macht frösteln: Moskau fühlt sich stark wie nie. Es kann tun, was es will, und der Westen sieht hilflos zu. Die Reaktion auf die georgische Offensive war brutal und überzogen – ein Signal an Georgien und alle anderen nach Westen strebenden Länder im Grenzbereich des Moskauer Einflussgebietes: Wir könnten euch zermalmen, und keiner hilft euch. Vorerst belässt man es beim Zeigen der Instrumente. Aber klar ist: Russland testet, wie weit es gehen kann. Aktuelles Ergebnis: weit.
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