Bewerber online ausgeschnüffelt
Über ein Viertel der Firmen googlen bei der Personalauswahl private Details. Viele Aspiranten auf gute Jobs laufen online ins berufliche Abseits, weil sie private Details von sich preisgeben
MÜNCHEN Schon wieder umsonst um einen Job beworben? Unter Umständen ist das Internet schuld. Immer mehr Firmen greifen bei ihrer Personalauswahl systematisch auf persönliche Daten von Bewerbern aus dem weltweiten Netz zurück. Das ergibt eine Dimap-Studie für die Bundesregierung.
Die Fotos vom Ausflug am vergangenen Wochenende oder der feuchtfröhlichen Party zum runden Hochzeitstag – unzählige Menschen stellen sie über die eigene Homepage oder Netzwerke wie Facebook und StudiVZ ihrem Freundeskreis zur Verfügung. Auch Außenstehende, beispielsweise Personaler von Firmen, können zum Teil darauf zugreifen. Eine wahre Fundgrube für jeden, der persönliche Details über bestimmte Menschen in Erfahrung bringen möchte, sind die Internetauftritte von Vereinen. Suchmaschinen wie Google oder Recherche-Portale wie 123People helfen beim Erforschen interessanter Details.
Das Internet enthüllt: Der Bewerber gilt als Maulaufreißer
Die Dimap-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 28 Prozent der befragten Unternehmen bei der Auswahl von Bewerbern gezielt Informationen aus dem Internet benutzen. In vier von fünf Fällen geschieht dies bereits vor einer möglichen Einladung zu einem Vorstellungstermin. Dabei erfährt der Personalchef schon einmal, dass ein Bewerber, der sich als seriös und zuverlässig darstellt, in der Heimatgemeinde als Maulaufreißer und Frauenheld gilt oder auch nur einen etwas abseitigen Musikgeschmack pflegt – und will den Mann gar nicht mehr kennenlernen.
Besonders fatal: „Daten, die man einmal ins Netz eingestellt hat, bleiben unter Umständen ewig drin“, warnt der Münchner Business-Coach Georg Moeller. Schließlich können Fotos oder Textdateien kopiert und in anderen Zusammenhängen verwendet werden. Das bedeutet: Peinliche Aufnahmen lassen sich nicht mehr löschen, so gern es der Abgelichtete möchte.
Das kann auch ein Problem für Menschen werden, die bereits einen sicheren Arbeitsplatz haben. Einen Abteilungsleiter, der allzu freizügige Fotos von sich ins Internet stellt, würde sich Georg Moeller „als Vorgesetzter schon mal kaufen und ihm klarmachen, dass er eine repräsentative Aufgabe zu erfüllen hat“.
Also vorsichtshalber überhaupt nichts im Internet preisgeben? Auch schlecht, denn vor allem Bewerber aus High-Tech-Berufen oder der Kreativbranche können es sich nicht leisten, als Online-Muffel zu gelten. Georg Moeller rät zu „unverfänglichen Publikationen“ – beispielsweise Infos darüber, an was der oder die Betreffende gerade arbeitet. Wem es gelingt, sich online von seiner besten Seite zu präsentieren, der erhöht im günstigsten Fall sogar seine Jobchancen. Unter Umständen erfährt der Personalchef beim Klicken durchs Internet von Qualitäten des Bewerbers, die im Vorstellungsgespräch nicht zur Sprache kamen. sun