Beschäftigte sind stinksauer
Unverständnis angesichts der Kontrollwut – aber wer käme nach Mehdorn?
MÜNCHEN/NÜRNBERG Das Vertrauen der Beschäftigten in ihr Unternehmen ist nicht erst seit dem Bekanntwerden der neuesten Vorwürfe nachhaltig gestört. Der massenhafte Kontodaten-Abgleich ist etwa für die Münchner Bahn-Gewerkschafterin Petra Wedel eine „Sauerei“, ein „absolutes No Go“. Bestehe der Verdacht, ein Mitarbeiter habe bei der Auftragsvergabe in die eigene Tasche gewirtschaftet, müsse der Konzern gezielt vorgehen und die Arbeitnehmer-Vertreter informieren, sagte die 39-Jährige zur AZ.
"Man ist's ja fast schon gewohnt, dass man durchsichtig gemacht wird"
„Sogar kleine Rangierer, die überhaupt keine Entscheidungen über Ausgaben treffen, sind überwacht worden“, wetterte am Freitag ein Nürnberger Betriebsrat. Der Münchner Fernlokführer Stefan Bischoff verglich den Kontenabgleich mit den Spähangriffen des Lebensmittel-Discounters Lidl auf seine Beschäftigten: „Man ist’s ja fast schon gewohnt, dass man durchsichtig gemacht wird.“
Das Dilemma der Bahner: Eine Alternative zu Mehdorn fällt auch ihnen nicht ein. „Vor Mehdorn war ein Kommen und Gehen auf seinem Posten“, erinnert sich Stefan Bischoff. „Die früheren Chefs waren schlechter“, urteilt sogar der Nürnberger Bahn-Betriebsrat. „Mehdorn stellt sich wenigstens hinter uns. Er hat durchgesetzt, dass die Bahn nicht in Teilunternehmen aufgespalten wurde.“ Nur als integrierter Konzern, glauben die Gewerkschafter, ist die Bahn vor der Übernahme durch Investoren aus Frankreich oder Australien sicher. sun
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