Befürchteter Aktienkurs-Einbruch bleibt aus
Der befürchtete Absturz der Börsenkurse am ersten Handelstag nach Herabstufung der US-Bonität durch die Ratingagentur Standard & Poor's ist zunächst ausgeblieben.
London/Bangkok - Zwar fielen die meisten Indizes in Asien und Europa am Montag, doch die Verluste waren geringer als erwartet. In Europa legten die Börsen in Italien und Spanien nach positiven Signalen aus der Europäischen Zentralbank sogar zu.
Der italienische Leitindex FTSE MIB stieg nach Handelsbeginn am Montag um 2,3 Prozent, in Spanien gewannen die Kurse 2,6 Prozent hinzu. Auch die Zinsen auf spanische und italienische Staatsanleihen fielen zu Handelsbeginn am Montag. Der Zinssatz auf italienische Schuldverschreibungen mit einer zehnjährigen Laufzeit sank um 0,44 Prozentpunkte auf 5,56 Prozent.
Die EZB hatte am späten Sonntagabend erklärt, ein Programm zum Aufkauf von unter Druck geratenen Staatspapieren aufzulegen, um die Märkte zu stützen. Der französische Finanzminister François Baroin sagte am Montag im Radiosender Europe 1: „Die EZB (...) hat ihre Intervention zum Kauf spanischer und italienischer Schuldverschreibungen angekündigt, sollten sich die Investoren aus diesem Markt zurückziehen.“
EZB hat bereits Staatsanleihen anderer Länder aufgekauft
Zuletzt hatte die EZB für fast 80 Milliarden Euro Anleihen aus Griechenland, Irland und Portugal vom Markt genommen. Weil die Märkte in Spanien und Italien deutlich größer sind, hielt sich die EZB dort bislang zurück. Mit dem Aufkauf von staatlichen Schuldverschreibungen kann die EZB die Preise stützen und die Staatsfinanzen während einer Investorenflucht entlasten.
In Großbritannien verlor der Leitindex FTSE 100 0,1 Prozent auf 5.241 Punkte und der französische CAC-40 sank um 0,2 Prozent auf 3.292 Punkte. Der deutsche Leitindex DAX gab um 0,7 Prozent auf 6.193 Punkte nach. „Das scheint eine Erleichterung zu seien, aber um ehrlich zu sein: Die Anleger sind noch immer vorsichtig“, sagte der Analyst Neil MacKinnon von VTB Capital. „Es ist nur ein kurzfristiges Trostpflaster.“
Der japanische Leitindex Nikkei fiel am Montag um 2,2 Prozent und schloss bei 9.097,56 Punkten. Der Hongkonger Hang-Seng-Index gab ebenfalls um 2,2 Prozent auf 20.490,50 Zähler nach. Der Kospi-Index in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul und der chinesische Shanghai Composite sanken jeweils um 3,8 Prozent.
„Nicht der Weltuntergang“
„Es ist nicht der Weltuntergang, aber es fühlt sich so an“, sagte der Hongkonger Analyst Francis Lun. Er gehe davon aus, dass der Hang-Seng-Index um weitere fünf Prozent auf unter 19.000 Punkte falle, bevor eine Stabilisierung der Kurse eintrete.
Die Termingeschäfte ließen bereits Verluste an der New Yorker Wall Street erwarten. Futures des Dow-Jones-Indexes sanken um 1,4 Prozent auf 11.239 Punkte und die Terminkontrakte im breiter angelegten Index S&P 500 gaben 1,5 Prozent auf 1.180 Zähler nach. „Die Herabstufung in der vergangenen Woche hat die augenscheinliche Angst in den Finanzmärkten bestärkt“, sagte David Cohen von Action Economics in Singapur. „Es gibt aber keinen Grund, eine weitere weltweite Finanzkrise zu befürchten, so lange die Leute sich nur schnell genug wieder beruhigen“, sagte er mit Blick auf die nervös gewordenen Investoren.
Offenbar in der Absicht, die in Unruhe geratenen Finanzmärkte zu beschwichtigen, kündigten die führenden Industrienationen eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Wirtschaftsproblemen an.
G-7 will Finanzen stabilisieren und Wachstum fördern
Vertreter der G-7-Staaten erklärten nach einer Telefonkonferenz, dass sie sich verpflichtet hätten, alle nötigen Maßnahmen zur Unterstützung von Wachstum und Finanzstabilität zu ergreifen. Die Konferenz war einberufen worden, um die europäische Schuldenkrise und die Marktaussichten nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's zu diskutieren. Am Montag forderte auch die offizielle Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas eine engere internationale Zusammenarbeit in Wirtschaftsfragen.
„Renmin Ribao“ nannte den jüngsten Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA eine politische Krise und rief Washington auf, verantwortlich zu reagieren, um den Rest der Welt zu beruhigen. China ist der größte Gläubiger der USA und hält rund 1,2 Billionen Dollar (845 Milliarden Euro) in US-Staatsanleihen.
S&P hatte den USA am Freitagabend nach Handelsschluss an der Wall Street erstmals die Bestnote entzogen und die Bewertung der US-Kreditwürdigkeit von „AAA“ auf „AA+“ gesenkt. Zur Begründung hieß es, die vom Kongress beschlossenen Schritte zum Abbau des Staatsdefizits gingen nicht weit genug, um den Haushalt nachhaltig zu stabilisieren.