Banausenrechnung

Wer von Ausgliederung redet, möchte in Wahrheit auflösen: Robert Braunmüller über die Kritik des Rechnungshofs an den BR-Klangkörpern

Natürlich braucht, rein betriebswirtschaftlich betrachtet, ein Rundfunksender zwar Antennen, aber weder Orchester noch Chor. Beides kostet, wie alle Kultur, und bringt kaum Quote. Die Vorschläge des Obersten Bayerischen Rechnungshofs zur Ausgliederung der Klangkörper zielen auf ein Berlusconi-Fernsehen nach dem Motto: Sollen die Bürger Kultur selber zahlen, so sie welche wollen.

Das ist neoliberales Banausentum. Der Mensch aber lebt nicht vom Kassenbuch allein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen politischen und gesellschaftlichen Bildungsauftrag. Er allein rechtfertigt seine Finanzierung durch Gebühren. Dazu gehört auch die Pflege von Nischen wie der Neuen Musik, die in diesem Sonderbericht zur finanziellen Situation des BR natürlich nur als Kostenfaktor auftaucht. Auch im Detail sind die Vorschläge des Berichts widersinnig: Sie wollen den Orchestern Gastspiele in Bayern und anderswo verbieten. Ohne Auftritte in Waldsassen, Garmisch oder Würzburg werden die Klangkörper des Senders zu einem reinen Münchenphänomen degradiert.

Nichts gegen die Kritik des Rechnungshofs an einzelnen Fehlentwicklungen. Aber neoliberale Rundfunkpolitik, die nicht der Tradition unseres Landes entspricht, gehört nicht zu seinen Aufgaben. Der abgewirtschaftete ORF ist ein warnendes Beispiel: Hier soll auch das Radiosymphonieorchesters Wien „ausgegliedert“ werden. Gemeint ist, wenn dieses Wort auftaucht, die Auflösung durch die Hintertür. 2004 hat der BR beim Rundfunkorchester schon einmal ähnliches versucht. Geht es wieder los?