AZ-Meinung: Überall Dschungel
Die AZ-Landtagskorrespondentin Angela Böhm über das Gesetz des Dschungels.
Die Hölle des Dschungels - das sind nicht mehr Kakerlaken, Kotzessen und Kotzbäder, die zehn Millionen Deutsche vors TV locken: Das ist ja nichts Ungewöhnliches, wie wir inzwischen lernen mussten. Bei der Bundeswehr gibt’s da eine lange Tradition. Der Ekel hat seine Faszination verloren. Was in den Bann des Dschungelcamps zieht, ist ein viel faszinierenderes Phänomen: die Gruppendynamik .
Natürlich schaut man so was nicht an! Es gehört ja zum guten Ton, über Trash zu schimpfen. Voyeurismus, Sensationsgier, Fremdschämen, Unterschichtenfernsehen – igittigitt! Wenn Sarah, Jay, Indi, Peer & Co. streiten, lieben, heulen, mobben, intrigieren, sich verbünden, Abmachungen austuscheln, nach Anerkennung gieren, Sympathien gewinnen, ganz schnell wieder verlieren und sich fast prügeln. Wenn alles eskaliert und aus dem Ruder zu laufen droht. Aber ich gestehe: Das hat auch mich gefesselt. Ich schwör’s! Das ist die Wahrheit!
Schon Jean-Paul Sartre hat das fasziniert. In seinem existenzialistischen Drama „Geschlossene Gesellschaft“ hat er fremde Menschen miteinander eingesperrt und gezeigt, wie sie sich in einer solchen Extremsituation den Spiegel vorhalten. Seine Botschaft: „Die Hölle, das sind die anderen“. Und mal ehrlich: Ein bisserl Dschungelcamp gibt’s überall.
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