Ausbeutung und Ackern für den Trendsport
MÜNCHEN - Die deutschen Outdoor-Hersteller machen glänzende Geschäfte. Ermöglicht wird der Boom durch die Ausbeutung der Arbeiterinnen in den Zulieferfirmen, berichten Aktivisten.
Lukrativ ist, was für draußen gemacht ist. Bergjacken von Schöffel, Zelte von Jack Wolfskin, Schuhe von North Face – die Hersteller und Verkäufer von Ausrüstung für Vergnügen unter freiem Himmel freuen sich über satte Zuwachsraten. Die Intersport-Kette etwa verzeichnete im Outdoor-Bereich im ersten Halbjahr ein Plus von 16 Prozent. Doch an den Produktionsbedingungen für die Produkte regt sich Kritik.
Obwohl die Preise von Outdoor-Produkte vom harten Wettbewerb im Einzelhandel weitgehend unbeeindruckt scheinen, müssen sich die Arbeiterinnen in Zulieferfirmen mit Hungerlöhnen zufrieden geben, berichtet die Christliche Initiative Romero. Die Organisation führt als Beispiel die „Brooklyn Manufacturing“ in El Salvador an. 1500 Arbeiterinnen würden dort für die Outdoor-Unternehmen The North Face, Patagonia, Marmot und Mountain fertigen – für 173 Dollar brutto pro Monat. Dazu kämen viele Überstunden, für die jeweils 1,44 Dollar gezahlt würden. Außerdem, heißt es, „gibt es im Unternehmen keine Gewerkschaftsfreiheit. Die Fabrikleitung entlässt Arbeiterinnen, die sich organisieren wollen.“
Besonders verärgert zeigen sich die CI-Romero-Aktivisten darüber, dass bisher nur weniger Hersteller der „Fair Wear Foundation“ (Vereinigung für einen fairen Lohn) beigetreten sind. Von 15 Unternehmen, mit denen die Initiative Kontakt aufgenommen habe, hätten sich nur Mammut und Odlo verpflichtet, auskömmliche Löhne zu zahlen.
Der Hersteller Patagonia räumt die Vorwürfe zum Teil ein. „Es stimmt, dass der Mindestlohn in El Salvador 173,70 Dollar pro Monat beträgt“, teilte das Unternehmen der AZ mit. „Eine Untersuchung vom April kam zu dem Ergebnis, dass 35 befragte Arbeiter zwischen 178,20 Dollar und 212 Dollar oder geringfügig mehr als den Mindestlohn verdienten“. Allerdings gebe es sehr wohl einen Betriebsrat, der sich jede Woche treffe.
Trotzdem sieht sich Patagonia – wie viele andere Outdoor-Hersteller – von CI Romero ungerecht behandelt. Immerhin sei das Unternehmen der „Fair Labor Association“ beigetreten und „bemühe“ sich um „die Aufnahme neuer Lohnrichtlinien in den Verhaltenskodex“. Und: „Die meisten Zulieferer können nicht sofort existenzdeckende Löhne bezahlen, ohne Aufträge zu verlieren und Mitarbeiter entlassen zu müssen.“ Zunächst einmal müssten „Paragraphen durch sinnvolle und umsetzbare Maßnahmen (wie Schulungen und Kontrollen) untermauert“ werden.
Vernünftige Löhne zahlen zu lassen, grenzt – glaubt man Patagonia – schon rein rechtlich ans Unmögliche: „Da fast jeder Zulieferer für eine ganze Reihe von Marken arbeitet, ist ein Existenzlohn nur dann realisierbar, wenn sich alle Marken gemeinsam und solidarisch dafür einsetzen. Dies wird jedoch schon allein dadurch erschwert, dass die US Kartellgesetze alle preisbezogenen Absprachen zwischen den Firmen verbieten.“
Eine Begründung, die nicht nur Menschenrechtsaktivisten wie purer Sarkasmus in den Ohren klingt. Selbst einzelne Vertreter der Outdoor-Branche mahnen mittlerweile einen verantwortungsvolleren Umgang mit den Näherinnen an. Ein „langfristiges“ Engagement für Sozialstandards „minimiert Reputationsrisiken“, heißt es beim Schweizer Hersteller Mammut. Mit anderen Worten: Wer auf ordentliche Bedingungen bei den Zulieferern achtet, bewahrt seinen guten Ruf. Mammut hat angesichts der Arbeit der Menschenrechtsaktivisten die Flucht nach vorne angetreten und gibt jetzt den Saubermann: Neben der Verpflichtung, keine Mickerlöhne zu zahlen, haben die Schweizer zwei Mitarbeiter allein dafür abgestellt, sich um soziale und ökologische Belangen in der Herstellungskette zu kümmern. Susanne Stephan
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