Auch Fleisch wird teurer

„Börsen-Bauer“ Johann Schmalhofer zum Boom bei Rohstoffen und der Rolle der Spekulanten. Er hält sich per Laptop über die aktuellen Trends an den wichtigsten Warenterminbörsen der Welt auf dem Laufenden – und glaubt fest daran, dass die Hausse bei den Agrarprodukten noch lange nicht zu Ende ist.
von  Abendzeitung
„Die Rohstoffbörsen brauchen Spekulanten“.
„Die Rohstoffbörsen brauchen Spekulanten“. © az

„Börsen-Bauer“ Johann Schmalhofer zum Boom bei Rohstoffen und der Rolle der Spekulanten. Er hält sich per Laptop über die aktuellen Trends an den wichtigsten Warenterminbörsen der Welt auf dem Laufenden – und glaubt fest daran, dass die Hausse bei den Agrarprodukten noch lange nicht zu Ende ist.

AZ: Wie wird sich der Milchpreis in den nächsten Monaten entwickeln?

JOHANN SCHMALHOFER: Der Milchpreis ist von Mitte 2006 bis Mitte 2007 an der Warenterminbörse in Chicago um 100 Prozent gestiegen, erlebt jetzt eine Konsolidierungsphase und wird dann weiter steigen.

Wie das? Die Milchindustrie behauptet, es gebe viele Anbieter auf dem Weltmarkt – beispielsweise aus Neuseeland –, die Milch zu günstigeren Preisen als den aktuellen liefern könnten.

Seit 2004 wird weltweit weniger Milch erzeugt als verbraucht. Seitdem wurden Butterberge abgebaut, Milchseen abgelassen. Jetzt sind die Lager leer und die Nachfrage übersteigt das Angebot. Längerfristig dürfte der Milchpreis auf über 50 Cent steigen.

Dann würde es im Moment Sinn machen, auf Milch zu spekulieren?

Nicht nur auf den Milchpreis. Wir erleben zurzeit im Agrarsektor eine Hausse, die noch lange nicht zuende ist. Die Entwicklung folgt einem Muster, das in den letzen 200 Jahren auf den Märkten immer wieder zu beobachten war. Dabei wurde zuerst das Öl teuer, dann Edelmetalle wie Gold und Silber, dann Industriemetall wie Kupfer und Zink und zuletzt die agrarischen Erzeugnisse.

Welche Kursausschläge erwarten Sie im Einzelnen?

Bei Weizen dürfte die Konsolidierungsbewegung in Kürze zu Ende sein und es ist wieder mit steigenden Preisen zu rechnen. Der Preis für Reis befindet sich in einer mittelfristigen Korrekturbewegung, anschließend dürfte der übergeordnete Aufwärtstrend wieder aufgenommen werden. Der Preis für Schweinefleisch ist seit Januar schon nach oben gegangen und wird weiter steigen. Das liegt daran, dass viele Landwirte in der Vergangenheit ihre Schweinebuchten leer stehen ließen, weil der Preis, den sie erzielen konnten, am Boden war und die Kosten fürs Futtermittel stiegen. Dadurch wird Schweinefleisch knapp und teurer. Auch jetzt ist es nach meiner Überzeugung immer noch viel zu billig. Denken Sie an das Jahr 1974 – da hat sich der Preis für Schweinefleisch in den USA innerhalb von drei Quartalen verdoppelt.

Beim Handel mit Agrar-Rohstoffen mischen auch viele Spekulanten mit. Ist das nicht verwerflich?

Nein, die Rohstoffbörsen brauchen Spekulanten. Das Geschäft funktioniert so: Ein Bauer erwirbt beispielsweise an der Warenterminbörse das Recht, seine Weizenernte im Herbst zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. Damit sichert er sich gegen einen Preisverfall ab. Spekulanten mischen bei diesen Geschäften auch mit, allerdings ohne dass sie tatsächlich Waren anzubieten haben. Aber der Markt braucht sie, damit für jedes gewünschte Sicherungs-Geschäft immer eine Gegenseite da ist.

Wie können auch Privatanleger von den steigenden Agrar-Preisen profitieren?

Am besten über Zertifikate, beispielsweise von Goldman Sachs oder ABN Amro. Damit setzt der Anleger auf die Entwicklung der Preise einzelner Rohstoffe oder einer ganzen Gruppe von Rohstoffen – einem so genannten Basket.

Int.: sun

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