Alleingelassen
"Alleinerziehend zu sein, ist keinSchicksal und keine Krankheit": Frank Müller über das Armutsrisiko Alleinerziehender.
Zwei Trends aus Deutschland: 40 Prozent aller Alleinerziehenden sind abhängig von Hartz IV. Aber nur 5 bis 13 Prozent der Haushalte (abhängig von der Kinderzahl), in denen ein Paar mit Kindern unter einem Dach lebt. Es liegt auf der Hand, dass das ein Missverhältnis ist, das mit dem Grundgesetzgebot der Chancengleichheit kaum etwas zu tun hat.
Im neuen Familienbericht der rührigen Ministerin von der Leyen ist viel die Rede von steigender Geburtenrate, staatlichen Zuschüssen und wachsender Hinwendung zu Kindern in der Gesellschaft. Alles schön, gut und richtig. Die entsprechenden Passagen über die Lage alleinerziehender Elternteile finden in dem hundertseitigen Bericht allerdings erst an vorletzter Stelle. So kommen sich auch viele Frauen (und zu 90 Prozent handelt es sich eben um Frauen) vor, die sich zwischen Kinderbetreuung, Jobsuche und Existenzsorgen zerreißen – in der ständigen Sorge, irgendwann einmal nicht mehr nur mit einem Fuß über dem Abgrund zu hängen. Sondern mit beiden.
Alleinerziehend zu sein ist kein Schicksal und keine Krankheit. Es ist oft ein vorübergehender Zustand. Vor allem aber ist es eine Realität, auf die sich unsere Systeme viel zu wenig eingestellt haben.
Mehr Kleinkind-Plätze lautet die Standardantwort auf alle Sorgen dieser Art – richtig gedacht, und trotzdem zu kurz gegriffen. Denn was helfen diese der Mutter, die viel mehr eine Mittagsbetreuung für ihr Schulkind bräuchte? Von der Leyens Studie zeigt: Alleinerziehende wollen arbeiten, sie sind genauso qualifiziert wie andere. Man muss sie nur lassen.
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