Aktionäre müssen für Rettung von Solarworld leiden
Bonn - Grund waren immer neue Wortbeiträge weniger Aktionäre. Im Falle einer Abstimmung galt die Billigung des Sanierungspakets aufgrund der Mehrheitsverhältnisse als sicher. Beobachter rechneten damit, dass es am Mittwochabend noch zur Abstimmung kommen würde. Die Veranstaltung musste nach Solarworld-Angaben bis 2400 Uhr beendet sein, da sie nur für diesen Mittwoch angesetzt war.
Falls es bis Mitternacht keine Abstimmung geben sollte, war offen, wie es weitergeht. Als möglich galt, dass Solarworld dann innerhalb von 36 Tagen eine neue außerordentliche Hauptversammlung einberuft. Allerdings wäre das jetzt ausgehandelte Sanierungspaket erst einmal wieder hinfällig, da es an bestimmte Fristen gekoppelt war.
Für die Hinauszögerungen sorgten wenige Aktionäre, die immer wieder neue Detailfragen zum Sanierungsplan stellten. Nach Ansicht von Beobachtern legten sie es darauf an, Verfahrensfehler bei den Antworten zu provozieren, um später juristische Einwände geltend zu machen.
Bei dem Aktionärstreffen war insgesamt 31,17 Prozent des Kapitals vertreten, bei einer Billigung von 75 Prozent des anwesenden Kapitals geht der Plan durch. Allein Asbeck hält 28 Prozent des Kapitals.
Für das von Asbeck präsentierte Sanierungspaket mussten die Aktionäre ihre Zustimmung geben, damit es umgesetzt werden kann. Ansonsten drohte dem deutschen Branchenprimus nach eigener Einschätzung eine Insolvenz.
Firmengründer Asbeck sagte vor den Aktionären, Solarworld habe eine Zukunft und sei auch wettbewerbsfähig. Bei den Gesamtkosten liege Solarworld kaum über dem Niveau, zu dem die chinesische Konkurrenz produziere. Solarworld liefere ein Qualitätsprodukt. "Es wird einen technologischen Wettlauf geben, dem sich Solarworld stellen wird."
Die Aktionärsversammlung war die letzte Etappe im Entscheidungsmarathon über das Rettungspaket. Bereits in den vergangenen beiden Tagen hatte Asbeck es geschafft, die Gläubiger von Anleihen über insgesamt 550 Millionen Euro davon zu überzeugen, dass sie auf 55 Prozent ihrer Forderungen verzichten, um dem Unternehmen eine Überlebenschance zu geben. Davor hatten schon die Darlehensbanken den Sanierungsplänen ebenfalls mit dem Verzicht auf Forderungen zugestimmt.
Solarworld beschäftigt am Hauptproduktionsstandort im sächsischen Freiberg, einem weiteren Werk in den USA und in der Bonner Zentrale noch rund 2600 Mitarbeiter. In Spitzenzeiten waren es insgesamt einmal 3500. Der Personalabbau gilt nach Angaben von Solarworld als weitgehend abgeschlossen.
Die Aktionäre müssen für die Sanierung einen drastischen Kapitalschnitt von unterm Strich 95 Prozent hinnehmen. Statt 150 Aktien sollen sie zunächst nur noch eine Aktie im Depot haben. Bei der zugleich geplanten Kapitalheraufsetzung sind sie außen vor. Neue Aktien sollen als Gegenleistung für den Forderungsverzicht der Gläubiger herausgegeben werden.
Außerdem will Asbeck selbst wieder mit frischem Kapital von rund 10 Millionen Euro mit ins Boot. Er käme dann wieder auf einen Anteil von rund 20 Prozent. Daneben soll noch Qatar Solar mit 35 Millionen Euro einsteigen und mit 29 Prozent größter Einzelaktionär werden.
Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte, dass die Altaktionäre "quasi enteignet" würden und zugleich bei der neuen Aktienzuteilung ausgeschlossen blieben. Allerdings sei das Rettungskonzept "alternativlos", weil den Aktionäre sonst Totalverlust gedroht hätte.
Solarworld dürfte es auch bei einem finanziellen Rettungsakt nach Ansicht von Experten schwer fallen, sich im hartumkämpften Markt zu behaupten. Allein 2012 betrug der Verlust knapp 480 Millionen Euro. Der Hersteller steckt in der Zange, auf der einen Seite drücken Förderkürzungen auf den europäischen Heimatmärkten, auf der anderen die unvermindert scharfe Konkurrenz aus Fernost.
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