Abstruse Argumente
Susanne Stephan, AZ-Wirtschaftsredakteurin, zu den Anzeigen der Energiebranche. Um Logik geht es in diesem Streit längst nicht mehr...
Dass die Energiekonzerne mit aller PR-Macht versuchen, längere Laufzeiten ihrer Meiler und niedrigere Belastungen durchzudrücken, kann nicht überraschen. Die Koalition in Berlin hat die Branche mit ihrer unklaren Haltung zur Atomfrage dazu eingeladen, sämtliche Register der Meinungsmache zu ziehen. Das hilft bei der Suche nach einem energiepolitischen Kurs nicht weiter, und es demontiert das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung.
Es gehe bei der Atomenergie nur um eine Brückentechnologie, ist mittlerweile von den meisten Politikern der Regierungskoalition zu hören – damit sollen die Bedenken derer beschwichtigt werden, die immer noch Angst vor den Unwägbarkeiten der Kerntechnik haben. Mit dem vagen kollektiven Bekenntnis zur Komplettversorgung mit Ökoenergie irgendwann in ferner Zukunft hören die Gemeinsamkeiten der Entscheidungsträger aber schon auf.
Sollen die deutschen Meiler noch zehn Jahre laufen? Noch 15 oder sogar 25 Jahre? Die Antwort fällt je nach Nähe zur Stromindustrie höchst unterschiedlich aus, jeder würfelt sich eine Zahl zurecht, die ihm gerade passt, scheint es.
Währenddessen ist sich die Energiebranche für keine noch so abstruse Argumention zu schade, um ihre Gewinne zu sichern. Erst vor Versorgungslücken zu warnen, wenn Kraftwerke abgeschaltet werden, dann mit der Stilllegung von Meilern zu drohen – logisch klingt das nicht. Aber um Logik scheint es in dem Streit auch nicht mehr zu gehen.
Susanne Stephan
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