Abgekartete Preise? - Der Krieg ums Ladenregal
Auf der Grünen Woche in Berlin feiern sich die Lebensmittel-Erzeuger, doch im Handel tobt ein neuer Preiskrieg. Ermittler des Kartellamtes filzen schon wieder Einzelhändler und Hersteller.
BERLIN Heile Welt im Genießerparadies: Bei der Grünen Woche in Berlin formen Bäcker in historischer Kleidung Brotlaibe, eine Halle ist als begehbarer Stall mit lebenden Tieren eingerichtet. Doch Stunden vor Eröffnung der Schau am Donnerstagabend zeigte sich der Alltag im Lebensmittelhandel weniger beschaulich: Die Discounter läuteten eine neue Runde im Preiskrieg ein, Kartell-Fahnder filzten elf Handelskonzerne und vier Markenhersteller.
Von der Razzia mit 56 Mitarbeitern des Kartellamtes und 62 Polizeibeamten sind unter anderem die beiden größten deutschen Ketten Edeka, Lidl, Rewe sowie Metro, Rossmann und Mars in Viersen betroffen. Der Verdacht der Ermittler: Der Handel könnte mit den Markenartiklern die Endverbraucherpreise verschiedener Süßwaren, von Kaffee und von Tiernahrung abgekartet und so den Wettbewerb ausgehebelt haben. Wie es heißt, sollen die Teilnehmer des Kartells Preis-Untergrenzen vereinbart haben. Das Bundeskartellamt hatte erst vor wenigen Wochen gegen die drei großen Kaffeeröster Tchibo, Melitta und Dallmayr Geldbußen von zusammen 159,5 Millionen Euro verhängt. Dallmayr und Tchibo zumindest waren von der Razzia am Mittwoch allerdings nicht betroffen, teilten die Firmen der AZ mit.
Währenddessen lieferten sich die Discounter ihren nächsten Schlagabtausch. Aldi und Penny senkten die Preise von jeweils rund 40 Lebensmitteln, unter anderem von Pflanzenöl, Erdnusskernen, Cornflakes, Schattenmorellen und Schokoladenriegel. Netto und Plus wollen am heutigen Freitag mit Preissenkungen folgen.
Der erneute Preiskrieg spricht den Appellen auf der Grünen Woche Hohn. „Wenn nur noch der Preis regiert, geht das zulasten der Qualität und damit auch zulasten der Verbraucher“, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) bei der Eröffnung. Die Ministerin will sich dafür einsetzen, dass Lebensmittel in Deutschland „wieder eine höhere Wertschätzung“ erhalten.
Zuvor war es zum Eklat gekommen, als sich zwei Greenpeace-Aktivistinnen im Dirndl an Aigner herangepirscht und ihr zwei Körbe Kartoffeln vor die Füße geschüttet hatten. Eine der Aktivistinnen rief: „Frau Aigner, stoppen Sie den Anbau von genmanipulierten Kartoffeln!“ – dann wurden die beiden von Sicherheitskräften abgeführt. Die Ministerin hatte in der vergangenen Wahlperiode zwar den Anbau von Genmais untersagt, aber den Anbau einer genmanipulierten Kartoffel zur Stärkegewinnung zugelassen.
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