#MeTwo: Der Fall Özil sorgt für Twitter-Aktion gegen Rassismus

Wie alltäglich ist Rassismus in Deutschland wirklich? Die neue Twitter-Kampagne unter dem Hashtag "Me Two" gibt die traurige Antwort.
von  (stk/spot)

Nein, bei dem Hashtag "Me Two" ist dem Initiator Ali Can kein peinlicher Schreibfehler unterlaufen. Ganz bewusst hat der Deutsch-Türke das aus den USA so berühmte Symbol "Me Too" gegen Sexismus in der Showbranche abgewandelt, um damit den Alltagsrassismus in Deutschland anzusprechen. Die "Zwei" soll laut dem Gründer der "Hotline für besorgte Bürger", mit der er Vorurteile gegen Menschen mit Migrationshintergrund bekämpfen will, eine wichtige Botschaft vermitteln. Es ist sehr wohl möglich, dass zwei Herzen in einer Brust schlagen: "Ich fühle mich in Deutschland zu Hause. Habe hier Freunde, gehe hier arbeiten. Und gleichzeitig kann ich mich auch zu einer anderen Kultur oder zu einem anderen Land verbunden fühlen", erklärt Can in einem Video.

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Unter dem Hashtag "Me Two" rief Can nun also die Twitter-User auf, ihre Geschichten des alltäglichen Rassismus in Deutschland zu teilen. Und das mit beeindruckendem, aber in erster Linie erschütterndem Erfolg. Denn sucht man aktuell nach dem Hashtag, trudeln sekündlich neue Tweets ein, mehrere Tausend sind es bereits. Die Vielzahl und vor allem der Inhalt der Antworten machen betroffen. So wie etwa dieser hier: "Ich 12 Jahre alt. Typ liest meinen Nachnamen. 'Solche Leute wie dich hat mein Opa früher erschossen.'"

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Unter Pädagogen

Besonders erschreckend ist, wie viele User von rassistischen Aussagen von Lehrern und Uni-Professoren berichten: "Und all die Tweets zu #metwo erinnern mich an einen schwarzen Klassenkameraden, der damals im Sportunterricht immer eine Note Abzug bekam, weil er ja 'einen unfairen Vorteil hätte'". Oder: "Nachdem Jungs in meiner Klasse mich wochenlang Affe genannt haben ich meinem Lehrer es erzählt habe, sagt er: ich würde dich eher als Gorilla sehen."

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In dieselbe traurige Kerbe schlägt diese Userin mit ihrem Text: "4. Klasse, es geht um weiterführende Schulen. ich bin Klassenbeste. Lehrerin empfiehlt Hauptschule, damit ich 'unter Gleichgesinnten' bin. Eltern können kaum Deutsch und vertrauen Lehrerin. Bekannte greift zum Glück ein. 5. Klasse: ich bin Klassenbeste auf dem Gymnasium."

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Unter Eltern

Wie früh Vorurteile schon in Kinder eingepflanzt werden, zeigen weitere Tweets: "Eine Freundin hat mich nie zu sich eingeladen, wir haben immer nur bei mir zuhause gespielt. Jahre später habe ich den Grund erfahren: Ihre Mutter wollte kein 'Ausländerkind' in ihrem Haus haben." Immer wieder liest man zudem, dass Eltern ihren Kindern den Umgang mit Klassenkameraden mit Migrationshintergrund komplett verboten haben.

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Eine endlose Liste

Man könnte die Umstände, in denen die Twitter-Nutzer von Rassismus berichten, noch endlos fortführen. Ob bei der Wohnungssuche, in Kaufhäusern, bei Polizeikontrollen, in öffentlichen Verkehrsmitteln - an allen denkbaren Orten und in allen denkbaren Situationen kommt es demnach in Deutschland tagtäglich zu Anfeindungen.

Die ersten positiven wie leider auch negativen Reaktionen auf die wichtige Aktion trudeln ebenfalls ein. So schreibt eine Userin: "Nicht aufhören können, #MeTwo zu lesen, zwischen Scham u Wut. Sich des eigenen zufälligen Glücks einmal mehr bewusst werden. Großen Dank an alle, die ihre Erfahrungen hier teilen (auf die Gefahr hin, wiederum getrolltbeleidigtbedroht zu werden). So wichtig. Ihr seid großartig."

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Ihre Sorge, dass die Menschen, die ihre Geschichte teilen, angefeindet werden, ist aber leider mehr als wahr, wie dieser Tweet zeigt: "Ich habe alle meine Tweets zu #metwo gelöscht. Ich kann das nicht ertragen, was es teilweise für Reaktionen gab. Wie armselig muss man sein, auf Rassismus mit Rassismus zu antworten."

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Man kann zum Fall Özil und seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft stehen, wie man will. Dass dadurch eine Rassismus-Debatte in Form von der "Me Two"-Aktion losgetreten wurde, die hoffentlich vielen Menschen in der Bundesrepublik die Augen öffnet, ist leider auch im 21. Jahrhundert noch notwendig. Das stellt auch Initiator Ali Can noch einmal klar, in dem er schreibt: "Danke #Özil, dass du uns die Tür geöffnet hast, um über Rassismus zu sprechen!"

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