Es dieselt im Bentayga

Die englische Luxusmarke Bentley stellt in Kürze einen neuen Motor für ihr Maxi-SUV Bentayga vor. Er ist so etwas wie eine Revolution. Und eine Premiere.
von  Axel F. Busse
Mit dem "Dauerläufer" auf Tour: Das Vorserienmodell des Bentayga Diesel altert durch ein spezielles Streckenprofil im Zeitraffer.
Mit dem "Dauerläufer" auf Tour: Das Vorserienmodell des Bentayga Diesel altert durch ein spezielles Streckenprofil im Zeitraffer. © Bentley

Wolfsburg - Beim neuen Aggregat handelt es sich nämlich um nicht merh und nicht weniger als um das erste Dieselfahrzeug in der 97-jährigen Unternehmensgeschichte. Und der erscheint ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem der Begriff „Diesel“ einen kräftigen Ekelfaktor bekommen hat. Schuld sind Zwei- und Dreiliter-Motoren der Konzern-Schwestermarken Volkswagen und Audi. Von acht Zylinder großen Vierliter-Aggregaten, wie der Bentley Bentayga Diesel ihn hat, gibt es bisher keine rufschädigenden Nachrichten. Wie auch? Es existiert ja bisher nur ein Fahrzeug, das vergleichbar wäre – der Audi SQ7.


Mit dem "Dauerläufer" auf Tour: Das Vorserienmodell des Bentayga Diesel altert durch ein spezielles Streckenprofil im Zeitraffer.

Zurück kann die britische Nobelmarke jetzt sowieso nicht mehr. Die Entscheidung für den Diesel fiel im Stammwerk Crewe lange bevor sich der Begriff „Dieselgate“ wie ein besonders ansteckendes Virus verbreitete. Im Herbst 2015 wurde dann öffentlich bekannt gegeben, dass auf den Zwölfzylinder-Benziner ein Diesel und ein Hybrid folgen sollen. Jetzt einen Rückzieher zu machen würde mehr Schaden anrichten, als nach dem Motto „Augen zu und durch!“ zu handeln. Natürlich weiß man in England, dass der Selbstzünder noch immer wenig Freunde in den beiden Hauptmärken des Herstellers hat. Und deshalb muss sich der Bentayga Diesel vor allem im Europa durchsetzen.

Der Grundmotor des Bentley hat exakt die gleichen Leistungsdaten wie der in Neckarsulm entwickelte Audi-V8: Schmackhafte 435 PS und 900 Newtonmeter Drehmoment. Die Durchzugskraft entspricht dem Niveau, das auch der W12-Benziner bietet. Die Antriebseinheit mit dem ZF-Achtgang-Getriebe ist markentypisch modifiziert. Schaltpunkte, Anfahrverhalten, die Charakteristik der Leistungsentfaltung, erst recht das Rückschaltprogramm für die Kraftübertragung – all das muss das Siegel „Made in Britain“ tragen.

 

Bei der exklusiven Testfahrt im Dreieck zwischen Wolfsburg, Braunschweig und Helmstedt kommt ein so genannter „Dauerläufer“ zum Einsatz. Weitgehend seriennah werden mit dem SUV streng protokollierte Fahrprofile absolviert, die es schneller altern lassen, als das im Normalbetrieb der Fall ist. So wollen die Ingenieure versteckten Schwächen auf die Spur kommen. Vom Beifahrersitz aus erklärt Entwicklungschef Rolf Frech die Besonderheiten des 2,4-Tonners: „In der Abgasablage sorgen spezielle Schalldämpfer, Kanäle und Absorber dafür, dass der Sound stimmt." Das Gaspedal braucht nur einen minimalen Impuls, schon drückt der Achtzylinder die Insassen in die Lederpolster. Vollen Schub generiert er knapp über Leerlaufdrehzahl. Er setzt nicht brachial und ungestüm ein, sondern würdevoll und gelassen. „Smooth“ würde das wohl ein Engländer nennen.


Erhabene Größe: Wenn ein Bentley Bentayga auftaucht, mutieren normale SUV zu mickrigen Erscheinungen.

Turboloch? Das war einmal. Ein elektrischer Verdichter, gespeist aus einem separaten 48-Volt-Bordnetz, bläst die Verbrennungsluft ein, bis der Abgasstrom den mechanischen Turbo anwirft. Die Lenkung ist erwartungsgemäß feinfühlig und direkt, nur sehr entfernt erinnert das bassige Grummeln daran, dass ein Heizölderivat in der Einspritzanlage zerstäubt wird. Geht es lange genug geradeaus, sind 270 km/h drin, verspricht Rolf Frech. Damit ist der Bentayga das schnellste Diesel-SUV der Welt. Es zum teuersten zu machen, liegt ganz in der Hand der Kunden. Von knapp 175.000 Euro ist bisher die Rede, aber wer sich ein spezielles Breitling-Produkt als Borduhr und ein paar weitere Annehmlichkeiten bestellt, kann den Preis auch im Nu verdoppeln.

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