Die Golf-Familie wächst

Tests am Polarkreis: Die AZ probiert die neuen Versionen der siebten Generation aus. Und lässt sich in einem Rallye-Polo chauffieren
Slagnäs - Es ist kalt in Slagnäs. Ziemlich kalt. 27,5 Grad minus zeigt das Bordthermometer in dem Auto, das es noch gar nicht gibt. Der AZ-Reporter sitzt in einem Golf VII GTI und lässt es fliegen. Handling auf Schnee und Eis, ein echter Spaß ist das. 220 PS unter der Haube ermöglichen wunderbare Drifts durch die verschneite Weite Lapplands nahe am Polarkreis.
Erprobungs- und Abnahmefahrten mit künftigen Golf-Derivaten sind das Generalthema des Arbeits-Trips in den hohen Norden. Die wichtigsten Teilnehmer: VW-Patriarch Ferdinand Piech, VW-Chef Martin Winterkorn, Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg. Sie wollen sich einen Eindruck davon verschaffen, wie sich Golf Variant, GTD, Bluemotion und Co. unter Extrem-Bedingungen verhalten. Und auch für die Sportfraktion ist etwas dabei: Etwa ein WRC-Polo, dessen Brüder gerade recht erfolgreich bei der Rallye Monte Carlo herumtobten.
„Wir wollen hier am Polarkreis sehen, wo wir mit den künftigen Golf-Derivaten stehen”, so Hackenberg. Mit den bisherigen Erfahrungen ist er zufrieden. Denn die neuen Gölfe funktionieren auch bei minus 27,5 Grad einwandfrei. Die Techniker richten dabei ihre Blicke auf all die vielen Stellen, an denen tiefer Frost Ärger machen könnte: Dichtungsgummis, Heizung und Lüftung, sämtliche Regelsysteme wie ABS, ESP und Allradantrieb, Radios, Displays – „solche Dinge werden getestet”, so der Entwicklungs-Vorstand zu AZ.
Die Fahrzeuge aus Wolfsburg sind generell auf 28 Grad minus ausgelegt, müssen natürlich aber auch bei noch beißenderem Frost wie etwa in Russland weitestgehend problemlos funktionieren.
„Die Fahrbarkeit der Motoren unter diesen Bedingungen spielt hier natürlich eine große Rolle”, so Hackenberg. Das wird zum Beispiel bei regelmäßigen Kaltstart-Tests ergründet. Läuft die Maschine gleich rund, sind Bremsen und Kupplung problemlos bedienbar? Und: Wie schnell und gut heizt der Wagen, also wann und wo wird es warm, wo taut Frost am schnellsten weg? Erklärtes Ziel: Dort, wo der Fahrer hinschaut, sollte es zuerst warm werden.
Wichtig auch für den Alltagsbetrieb: Ist der Wagen auch bei extremen Temperaturen klapperfrei oder schabt irgendwo etwas? „Da gibt es eine lange Checkliste”, beschreibt Ulrich Hackenberg die Aufgabenstellung für seine Mitarbeiter im Dauerfrost.
Apropos Dauer: Auch das Benehmen der Aggregate im Dauerbetrieb wird im hohen Norden ausführlich getestet. Diese Versuchsträger schauen häufig dank Serien-Karosserie aus wie ganz normale Golfs, haben aber andere Motoren und sonstige Technik unterm Blech. Man muss ja der Konkurrenz und den Erlkönigjägern nicht schon lange vor dem Marktstart zeigen, was man so alles in der Pipeline hat.
Für die AZ machte VW eine Ausnahme. Hier stellen wir künftige Gölfe im Detail vor:
Der 4Motion: Sicher dank Allrad
Er kommt auch auf Eis und Schnee durch: Als nächstes Golf-Derivat liefert VW den 4Motion. Er verfügt über die Haldex-5-Kupplung, die nicht erst aktiv wird, wenn an einem Rad Schlupf auftritt – sondern schon im Vorfeld. Das Gesamtpaket besteht neben der per Haldex zugeschalteten Hinterachse aus den vier elektronischen Differenzialsperren und der XDS genannten Zusatzfunktion, die bei schneller Kurvenfahrt für besseres Lenkverhalten sorgt.
Nach ersten Proberunden auf Eis ist klar: Das System ist noch besser als beim Vorgänger, bringt noch mehr Sicherheit und Traktion unter widrigen Verhältnissen.
Starten wird der ab sofort bestellbare 4Motion mit zwei TDI-Motoren mit 105 und 150 PS, die nach Norm 4,5 und 4,7 Liter verbrauchen.
GTI: Die Legende lebt
Er ist ein Kultauto, ein Erfolgsmodell und seit 1976 der Trendsetter bei den kleinen, kompakten Alltagssportlern: Der neue Golf GTI debütiert noch heuer im Mai – mit 220 PS. Und erstmals auf Wunsch schon ab Werk mit einem Performance-Paket sogar mit 230 PS. Beide Versionen schaffen einen Normverbrauch von 6,0 Liter und werden per Sechsganggetriebe geschaltet. Optional gibt es ein DSG-Getriebe (Verbrauch: 6,4 und 6,5 Liter).
Für die Fans wesentlich interessanter sind die Fahrleistungen: 6,5 (6,4) Sekunden für den 100er-Sprint, maximal 246 und 250 km/h sind drin.
Beim ersten AZ-Ausritt im eisigen Lappland erfreute der GTI durch seine ungemein stark ausgeprägte Geschmeidigkeit: Er macht vom ersten Meter an gewaltigen Spaß, geht ab wie die Feuerwehr und bleibt auch bei sehr hohen Kurvengeschwindigkeiten leicht beherrschbar.
Phänomenal das Drift-Erlebnis auf dem zugefrorenen See: Einmal beherzt gegen gelenkt und quer gestellt, lässt sich der neue GTI per Gasfuß problemlos um die Kurven lotsen.
Die Wolfsburger Legende lebt.
Und wie.
Reichlich Platz: Der Variant
Dieses Jahr feiert er 20. Geburtstag: Der Golf Variant wurde schon fast 1,8 Millionen mal produziert. Im August kommt die nächste Generation auf Basis des Golf VII zu den VW-Händlern. Die AZ drehte schon erste Testrunden. Optisch passt der Kombi exakt ins Familien-Portfolio. Überraschungen beim Design hat man sich in Wolfsburg aus gutem Grund gespart.
Die Form der Heckleuchten bleibt beim getesteten Prototypen noch offen, er rollt mit roter Abklebefolie an.
Die Basisdaten sind für Fans eines großen Stauraums vielversprechend: 605 Liter misst der Kofferraum – das ist „mit Abstand der größte im Segment“, so VW.
Serienmäßig sind Start-Stopp, Rekuperation, Multikollisionsbremse. Die Motorisierung (fünf Benziner und zwei Diesel) wird von 85 bis 150 PS reichen. Die Diesel schlucken nach Norm 3,9 bis 4,7 Liter, die Benziner zwischen 5,0 und 5,4 Liter. In der Pipeline sind noch eine Version mit Ecofuel-Antrieb (Erdgas) und ein extra sparsames Bluemotion-Modell.
184 Diesel-PS im GTD
Parallel zum neuen GTI (s. rechts oben) kommt im Juni dieses Jahres auch der GTD auf den Markt. Er ist der bisher stärkste Dieselsportler und setzt neue Maßstäbe als ebenso dynamischer wie zugleich sparsamer Dauerläufer.
In Zahlen: 184 Diesel-PS und ein Drehmoment von 380 Nm machen ihn bis zu 230 Sachen schnell. Der Normverbrauch liegt bei 4,2 Litern. Mit DSG-Getriebe sind es 4,6 Liter.
Den Standard-Sprint schafft der GTD in 7,5 Sekunden, er ist etwa an lackierten Bremssätteln oder dunkleren Rückleuchten zu erkennen.