Zwei Herzen im Bussltakt
Sie sind verheiratet und doch verliebt. Ihre Arbeit macht ihnen Spaß, was nur wenige Menschen von sich behaupten können. Weil sie es verstehen, diese Fülle des Glücks ans zahlende Publikum weiterzugeben, verfällt dieses bei den seltenen gemeinsamen Auftritten von Anna Netrebko und Erwin Schrott pünktlich in Ekstase.
So auch in der ausverkauften Kölner Philharmonie. Dort durfte am Samstag in Vorfreude auf das Münchner „Gipfeltreffen der Klassikstars” geschwelgt werden, bei dem Ende Juli am Königsplatz noch Jonas Kaufmann hinzustößt. Die Netrebko polierte Luigi Arditis Kusswalzer und Gounods Juwelenarie, für die ihre Stimme mittlerweile etwas zu schwer ist. Eine Arie aus Puccinis „Manon Lescaut” und die Szene der Leonora aus dem vierten Akt von Verdis „Troubadour” waren hoffnungsvolle Versprechen auf dramatischere Rollen, denen sich die Russin vorsichtig nähert.
Mal Playboy, mal Quacksalber
Anna und ihr Erwin aus Uruguay schmücken jede Opernfigur mit einer anderen Farbe. Das macht ihre Arienabende so lebendig und auch für den Kenner zum vollkommenen Genuss. Bei künstlerischem Leichtsinn lassen sie sich nicht erwischen: Die Verdi-Szene gab es selbstverständlich vollständig mit Männerchor, Tenor (Paulo Ferreira) und der in Opernhäusern regelmäßig gestrichenen Schluss-Cabaletta.
Wo es passte, würzte Schrott seine Kunst mit ein paar Späßen: Bei Leporellos Register-Arie hatte er den „Playboy” dabei, als Dulcamara in Donizettis „Liebestrank” versteigerte der Bassbariton ein russisches Wässerchen. Ein Kaufwilliger bot 20 Euro, worauf Schrott dessen Geldbeutel entführte. Den Wodka bekam allerdings ein anderer Herr, dessen sportliche Kleidung einige bürgerliche Kölner verärgerte. Sie fanden heraus, dass er nur 50 statt der regulären 423 Euro für seinen Platz in der ersten Reihe bezahlt hatte und zogen eine Beschwerde beim Veranstalter in Erwägung.
Mit einem Tänzchen ging's hinaus
Doch auch die Vollzahler schienen am Ende versöhnt. Das Gürzenich-Orchester unter Claudio Vandelli umrahmte samt Kölnchor die reichlich gespendete Gesangskunst mit einer bei solchen Konzerten nicht selbstverständlichen Professionalität. Zu später Stunde küsste Erwin seine Anna im Duett aus George Gershwins „Porgy and Bess”. Ein Tango von Astor Piazzolla folgte. Dann tanzte er mit seiner Göttlichen zu Franz Lehárs „Lippen schweigen” aus der „Lustigen Witwe” davon. Mehr kann das Herz des Opernfans wirklich nicht begehren.
Königsplatz, 29. Juli. Restkarten unter Tel.01805-570070
- Themen:
- Anna Netrebko
- Jonas Kaufmann