Zum Verrücktwerden?

Karl Moik erzählt der AZ die unglaublichen Geschichten seiner „Stadl”-Zeit und wie aus Namenlosen durch ihn Stars wurden
Angelika Kahl |
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Der ORF hat mich links liegen gelassen wie ein dreckiges Tuch”, wettert Karl Moik. Am Samstag feiert mit dem „Musikantenstadl” eine der erfolgreichsten Unterhaltungsshows des deutschen Fernsehens rundes Jubiläum, doch der Erfinder feiert nicht mit.

Vor 30 Jahren hatte Moik die Idee, Stars und junge Talente aus Volksmusik und Schlager auf die große TV-Bühne zu holen. Die Idee wurde ein Mega-Erfolg, zuerst in Österreich, dann auch in Deutschland und der Schweiz. 2005 aber stieß man den „König der Volksmusik” rüde vom Thron, sein Vertrag wurde nicht verlängert. Das hat der 72-Jährige bis heute nicht verwunden.

Dass Moik stur sein kann, hat er schon früher bewiesen. „Ich bin der Stadl”, pflegte er gerne zu sagen. Und Platz hatte dort immer nur die heile Welt. Als nach den Anschlägen des 11. Septembers die reale Welt noch unter Schock-Starre stand, sang und schunkelte Moik Anfang Oktober 2001 in Dubai lustig mit den Scheichs. Die ARD entschied, wegen der politischen Weltlage die Dubai-Gaudi nicht live zu übertragen. Moik drohte wütend mit Kündigung. Erst als der „Wüsten-Stadl” als Aufzeichnung im Dezember lief, war zumindest für ihn der Frieden wieder hergestellt.

Wenn Moik etwas wollte, hat er nicht lange diskutiert. „Ich war ein demokratischer Diktator”, sagt er heute. Und: „Da gab es einen Verrückten, der alleine seine Ideen verwirklicht hat.” Es ist tatsächlich vor allem Moiks verrückten Ideen zu verdanken, dass der „Musikantenstadl” 1988 in Moskau stattfand – als erste große TV-Produktion hinter dem Eisernen Vorhang!

Immer im Krisengebiet

Oder in Peking, in der verbotenen Stadt. 812 Millionen Chinesen saßen 1999 vor dem Bildschirm, zehn Millionen Zuschauer schalteten in Europa ein. Als Moik im Dezember 1989 kurz nach dem Mauerfall aus Cottbus sendete, kam sogar Harald Juhnke vorbei, der sich jahrelang geweigert hatte, im „Musikantenstadl” zu singen. Und in Südafrika begegnete Moik 1996 Präsident Nelson Mandela, ihm brachte er eine Sachertorte mit. „Einer meiner schönsten Momente”, erinnert sich Moik.

Aus zwölf Ländern hat der „Stadl” bislang gesendet, 98 Städte bereist. In den 191 Sendungen sind rund 20000 Künstler aufgetreten, darunter auch einige, die man nicht unbedingt in einer Volksmusik-Sendung vermutet hätte. Harald Schmidt war mit seinen Eltern da. Und Stefan Raab sang im Jahr 2000 „Der Karl, der Karl, der Moik, Moik, Moik, der kifft das stärkste Zeug, Zeug, Zeug”. Der Besungene lächelte milde. Da wusste er ja auch noch nicht, dass RTL vier Jahre später auf der Künstlertoilette des „Musikantenstadls” Spuren von Kokain finden sollte.

Bei Moik führte aber auch das zu wenig Irritation, Hauptsache auf der Bühne demonstrierten seine Stars die schöne heile Schunkel-Welt. Er hat seine Sendung aber auch immer als Talentschmiede begriffen. Florian Silbereisen war zehn Jahre alt, als er das erste Mal im „Stadl” auftrat. Stefan Mross hat Moik als 13-Jährigen auf der Hochzeit seines Schwagers entdeckt. Ohne den „Musikantenstadl” würde es viele Stars der volkstümlichen Musik nicht geben. Und nicht nur dieser Musikrichtung. Den noch völlig unbekannten Max Raabe hatte Moik in einem Varieté gehört, sofort lud er ihn in seine Show ein.

Auch Andy Borg trat bei Moik oft auf, 2006 hat er die Nachfolge des Mr. Musikantenstadl angetreten. Borgs erste Show hat Moik noch verfolgt. „Seitdem habe ich nicht eine Sendung gesehen”, sagt er. Zu schmerzhaft war für ihn der erzwungene Abschied. Borg aber hat die schwere Aufgabe gut gemeistert. Im vergangenen Jahr schalteten im Schnitt 5,18 Millionen Zuschauer ein. Und für die nächsten „Stadl”-Jahre gibt Moik seinem langjährigen Freund auch noch einen Tipp: „Nicht so viele Ahnungslose dreinreden lassen und schön langsam auch ein Verrückter werden.” 

"Musikantenstadl”, Samstag, 20.15 Uhr, ARD

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