Zum größten Ereignis in der Pop-Geschichte: „Ein entspanntes Chaos“

Der amerikanische Organist und Sänger Gregg Rolie war mit Santana einer der Pioniere des Latin Rock. Hier spricht er über persönliche Erinnerungen an das legendäre Woodstock.
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Der amerikanische Organist und Sänger Gregg Rolie war mit Santana einer der Pioniere des Latin Rock. Hier spricht er über persönliche Erinnerungen an das legendäre Woodstock.

Was war da eigentlich? Warum wurde ausgerechnet dieses eine Festival vom 15. bis zum 17. August vor 40 Jahren im US-Bundesstaat New York zum größten Rock- und Pop-Mythos aller Zeiten? So manches heutige Festival ist größer, viele sind noch attraktiver besetzt und alle sind besser organisiert, als Woodstock es gewesen ist. Doch keines der späteren Großkonzerte konnte diese Strahlkraft erlangen und zum Symbol für die Gefühle einer ganzen Generation werden: Musik, Liebe, Frieden – was braucht man sonst zum Leben? Deshalb ist Woodstock auch heute aktuell, denn die Fragen nach dem großen Glück und wie wir es denn je erreichen können, beschäftigen jeden Menschen, selbst wenn er mit Hippies nichts anfangen kann, lange Haare uncool findet und Rock’n’Roll nicht mag.

Nach Woodstock pilgerte eine Million Menschen, etwa die Hälfte davon erlebte 32 Bands, unvorstellbares Chaos, einen Regenguss – und das unfassbare Gefühl, die Welt umarmen und besser machen zu können. Zwar ist die Welt nicht wirklich besser geworden seit damals, aber das Gefühl von Woodstock lebt immer noch. Viel Spaß mit der großen Sonderausgabe der AZ zum Urknall der modernen Jugendbewegung!

gr.

Gregg Rolie wurde geboren am 17. Juni 1947 in Seattle. Er war von 1967 bis 1972 Mitglied bei Santana, tourt bis heute mit seiner Gregg Rolie Band.

AZ: Mr. Rolie...

GREGG ROLIE: Nenn’ mich Gregg, ich bin ja immer noch ein Hippie, bei uns gab es nie Misters!

Gut, Gregg. Hat der Auftritt in Woodstock dein Leben als Musiker verändert?

Auf alle Fälle! Santana hatten ja zum Zeitpunkt des Konzerts noch kein Album auf dem Markt, wir waren bis dahin nur Musik-Fans in San Francisco ein Begriff. Spätestens, nachdem die Woodstock-Doku in die Kinos kam, bei der wir rund acht Minuten lang zu sehen sind, wurden wir aus dem Stand zu weltweiten Stars. Zu verdanken war das dem legendären Konzertveranstalter Bill Graham, der Santana von Beginn an liebte und förderte.

Kannst du dich noch an euren Auftritt erinnern?

Wir mussten um einiges früher als geplant auf die Bühne, weil viele Künstler nicht zum vereinbarten Zeitpunkt auftauchten. Alles war chaotisch, lief zunehmend aus dem Ruder. Wir Newcomer durften sogar 45 Minuten spielen! Technische Mankos machten wir mit einer immensen Spielfreude wett. Der Höhepunkt war sicherlich das Stück „Soul Sacrifice“, darin waren sich Musiker wie Zuschauer einig.

Wo habt ihr die Zeit vor und nach eurem Auftritt verbracht?

Wir waren in einem Bauernhaus untergebracht. Woodstock war ja ein Kaff mit ein paar Tausend Einwohnern, die meisten davon Landwirte und ziemlich konservativ. Doch Feindseligkeit von deren Seite aus war nirgendwo zu spüren, eher Verwunderung über unser Aussehen, unsere Lebensart. Die wahre Bedeutung dieses Festivals erkannten wir erst, als wir Monate später den Film im Kino sahen.

Was war für dich der musikalische Höhepunkt?

Der Auftritt von Sly & The Family Stone, eine Sensation, da schien das komplette Festivalgelände zu explodieren.

Wie würdest du die Atmosphäre beschreiben?

Es war ein kurioser Spannungsbogen aus Gelassenheit einerseits und permanentem Chaos andererseits. Wir von Santana kannten eine Menge anderer Künstler, es war wie ein gewaltiges Klassentreffen.

Wie war die Backstage-Action?

Ich habe wohl ein paar weiche Drogen konsumiert. Und keinen Sex, soweit ich mich erinnere! Ganz im Gegensatz zu einigen anderen in der Band.

Du warst bei Santana zwischen 1967 und 1972. Welchen Bezug hast du noch zu der Musik?

Diese fünf Jahre waren die besten meines Lebens als Künstler! Und ich habe eine Menge Songs von einst im aktuellen Live-Programm meiner Gregg Rolie Band. Wir sind so etwas wie die Nachlassverwalter der frühen Santana. Kontakt zu Carlos Santana habe ich schon lange nicht mehr. Die Sache ging 1972 ja eher unfein auseinander, Carlos trennte sich von seinem Förderer Bill Graham, tauschte ihn gegen den Guru Sri Chinmoy ein. Mit dessen Auffassung von Spiritualität hatten wir alle nichts am Hut.

Michael Fuchs-Gamböck

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