Zoff im Musikhotel
Die ARD hat ein Experiment mit der Verfilmung „Das Musikhotel am Wolfgangsee“ gewagt. Im Bayerischen Hof kam es rund um die „Schlagerette“ zu einem handfesten Eklat, mit einem Schauspieler, der seinen eigenen Film schlechtredet und einer verzweifelten HR-Redakteurin. Sascha Hehn schämt sich für seine Teilnahme an ARD-Produktion und lästert über den Sender.
Ein romantisches Hotel, der Wolfgangsee samt Bergkulisse, Volksmusik- Stars wie Patrick Lindner und Claudia Jung, die sich singend ans Schauspielern wagen. Das sind die Zutaten für den HR-Film „Das Musikhotel am Wolfgangsee“, der am 18. Oktober im Ersten ausgestrahlt wird.
Eine harmlose Mischung, „luftig, süß und locker wie Salzburger Nockerln“, wie Programmdirektor Günter Struve den Film anpreist. Weniger locker dürfte er jedoch das nehmen, was gestern im Bayerischen Hof passierte – denn da kam es rund um die „Schlagerette“ zu einem handfesten Eklat, mit einem Schauspieler, der seinen eigenen Film schlechtredet und einer verzweifelten HR-Redakteurin.
Projekt für die Versteckte Kamera?
Interview-Termin mit Sascha Hehn, der in dem Film den zwielichtigen Geschäftsmann Alexander spielt: Eigentlich, so eröffnet Hehn das Gespräch, habe er den Termin absagen wollen. „Als ich mir gestern den fertigen Film angesehen habe, war ich geschockt. Ich habe gehofft, dass das alles ein Projekt für die ,Versteckte Kamera’ war, das mich davor rettet, den Glauben an meinen Beruf zu verlieren.“
Dabei hatte er die Idee, die Tradition des Musikfilms à la Peter Alexanders „Weißem Rössl“ wiederaufleben zu lassen, ganz gut gefunden. „Doch dann muss man sich auch genügend Zeit und Geld nehmen, dieses Format umzusetzen.“ Beides, so Hehn, sei bei diesem Film nicht passiert. So habe es bis kurz vor Drehbeginn kein Drehbuch gegeben. „Ich selbst habe ihnen erst einen Autor besorgen müssen.“
„Ich habe keinen Bock 17 Stunden vor der Kamera zu stehen."
Auch an den Dreh denkt Hehn ungern zurück. „Überall wurde gespart. Es gab nur zwei Kameras, ein Mini-Team und dann noch endlos lange Drehtage.“ Sascha Hehn hat sich mittlerweile in Rage geredet. „Ich habe keinen Bock, 17 Stunden vor der Kamera zu stehen, nur weil ein Sender angeblich kein Geld hat.“ Und: „Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender einen Film für die Prime- Time, nämlich Samstagabend, so herunterkurbelt, ist ein Skandal. Ein bisschen Anspruch sollte man doch haben.“
Das Fazit für ihn: „Ich habe bei einem Film mitgewirkt, den man um 80 Prozent hätte besser machen können.“ Ob er denn keine Bedenken habe, sich derart negativ über dieses Projekt zu äußern? Der Schauspieler, der zuletzt in Heimat-Schmonzetten wie „Im Tal des Schweigens“ zu sehen war, schüttelt den Kopf. „Nein. Ich habe keinen Bock, ein Projekt schön zu reden, hinter dem ich nicht stehe. Ich sage das, was ich denke.“
Eine enttäuschte Redakteurin
Das tut an diesem Vormittag auch eine andere. HR-Redakteurin Michaele Scherenberg ist ebenfalls vor Ort und ebenfalls schockiert – allerdings von Sascha Hehn. „Ich kann nicht glauben, was er sagt“, sagt sie mit Tränen in den Augen. „Ich bin sehr enttäuscht.“ Und dann erzählt sie ihre Sicht der Dinge. Ja, es sei richtig, dass das Budget beschränkt gewesen sei. „Dieser Film ist ein Experiment. Klar ist, dass, sollte es eine Fortsetzung geben, wir mehr Geld in die Hand nehmen müssen.“
Dann zu „Herrn Hehn“. „Ich bin ein Fan von ihm“, sagt Scherenberg. „Ich war es, die sich sehr dafür eingesetzt hat, dass er bei diesem Film mitwirkt. Auch wenn er Vorstellungen hatte, die eigentlich von unserem Budget nicht gedeckt waren.“ Zum Beispiel? „Er wollte acht Drehtage, obwohl für seine Rolle nicht so viel Zeit eingeplant war. Da sind wir ihm – auch finanziell – entgegen gekommen.“ Dennoch sei der Schauspieler vor Ort „sehr sehr schwierig“ gewesen. „Er hat sich ständig mit dem Team angelegt. Das war wirklich schlimm.“ Scherenberg ist sichtlich fertig mit den Nerven. „Ich verstehe nicht, warum Sascha Hehn uns das antut, und warum er sich das selbst antut. Dieser Film war doch eine Gelegenheit für ihn für ein Comeback. So dick ist er schließlich auch nicht im Fernsehgeschäft.“ Sie wünschte, sagt sie noch, sie hätte die Interviews abgesagt. „Aber dafür ist es jetzt ja zu spät.“
Beatrice Oßberger
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