Zerstörerisches Verlangen zwischen Alma Mahler und Oskar Kokoschka

Emily Cox über toxische Künstlerbeziehungen, Sex vor der Kamera und den Mythos Alma Mahler in "Alma & Oskar"
Florian Koch |
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Porträt einer gefährlichen Liebschaft:Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr) malt Alma Mahler (Emily Cox) in "Alma & Oskar".
Foto: Alamode Film Porträt einer gefährlichen Liebschaft:Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr) malt Alma Mahler (Emily Cox) in "Alma & Oskar".

Als Tochter zweier Pianisten war für Emily Cox das historische Beziehungsdrama "Alma & Oskar" etwas ganz Besonderes. Denn endlich durfte die Schauspielerin auch mal vor der Kamera einen Teil ihrer eigenen Biografie ausleben. Immerhin verhandelt die stimmig erzählte und von glänzenden Darstellern getragene Künstlerbiografie doch die gleichsam lustvolle wie tragische zweijährige Beziehung einer Komponistin: der Lebefrau Alma Mahler (Emily Cox) mit dem Maler und Grafiker Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr), einem der Wegbereiter der Wiener Moderne.

AZ: Frau Cox, in "Alma & Oskar" verführt eine überlegene, selbstsichere Dame einen sozial unterlegenen Mann. Hat Sie dieses umgedrehte Künstlerklischee besonders gereizt?

EMILY COX: Auf jeden Fall! Ich finde es unglaublich, dass sich in dieser Zeit eine Frau einfach genommen hat, was sie wollte. Heutzutage würde man sagen, dass das eine moderne, gestandene Frau ist, die auch mit der Männerwelt spielt, sie aber nie ganz an sich heranlässt. Damals war es ungewöhnlich, als Frau dazu zu stehen, Sex gut zu finden. Außerdem empfinde ich Alma Mahler auch heute noch als unterschätzt.

Inwiefern?

Sie hat unglaublich schöne Lieder geschrieben, die ich zuvor aber überhaupt nicht kannte. Dieser Aspekt wird bei all den Männergeschichten und der Verklärung zur Künstler-Muse immer noch wenig gewürdigt.

Ihre Eltern sind Pianisten. Hatte diese künstlerische Herkunft auch einen Einfluss auf die Rolle?

Ich bin als Kind aufgewachsen mit der Meinung, dass alle Menschen, wenn sie einmal erwachsen sind, Klavier spielen können. Dass das schlicht so etwas ist, wie den Führerschein zu haben. Daher habe ich mich auch gefreut, hier eine Pianistin spielen zu dürfen und wollte, dass die Szenen im Film realistisch aussehen. Gespielt habe ich dann auch wirklich selbst, ich habe auf einem stummen Klavier die richtigen Tasten gedrückt. Zu hören ist aber meine Mutter, die der Regisseur Dieter Berner für die Tonaufnahmen engagiert hat. Ich finde die Vorstellung schön, dass man sie hört, mich aber sieht.

Wie weit haben Sie sich in den Mythos Alma Mahler eingelesen?

Vor den Dreharbeiten wusste ich bis auf den Namen wenig über Alma Mahler. Wie ein Schwamm habe ich dann alles, was ich über sie finden konnte, aufgesaugt. Auch ihre umfassenden Tagebücher, die sogenannten Tagebuchsuiten. Dann war es mir aber wichtig nicht den Anspruch zu erheben eine objektive Alma Mahler spielen. Für mich gibt es so etwas wie die objektive Realität nicht. Ich habe versucht einen Zugang zu dieser Figur in mir selbst zu finden.

Wie würden Sie das Verhältnis von Kokoschka und Alma Mahler beschreiben?

In dieser sehr physischen Beziehung gibt es durchaus die Möglichkeit einer Liebe. Aber in erster Linie besteht da ein ungeheures Verlangen nacheinander. Leider ist es im Leben auch so, ganz unabhängig von der jeweiligen Epoche, dass genau diese Leidenschaft manchmal auch toxische Eigenschaften mit sich bringt, die mit Liebe verwechselt werden können. Dennoch glaube ich, dass sich solche Beziehungen auch verändern lassen, wenn die Partner es auch zulassen.

Hier ist jedoch das Gegenteil der Fall. Die Verhaltensweisen werden immer extremer, Kokoschkas Eifersucht immer unerträglicher, bis man sich fragt, warum sich Alma Mahler nicht früher gelöst hat.

Das ist richtig. Für sie war diese Beziehung lange Zeit aber auch ein aufregendes Spiel vor dem Hintergrund, dass sie es genossen hat, so begehrt zu werden. Auch spielt hier neben der Lust auf Freiheit eine gewisse Bindungsangst von Alma Mahler hinein, die sich nie richtig auf nur einen Mann einlassen wollte und konnte.

Der Film hat freizügige Sexszenen, die in heutigen Zeiten gar nicht mehr so üblich sind. Gab es bei diesen Aufnahmen besondere Vorkehrungen am Set?

Ich komme aus einer Hippiefamilie, Nacktheit oder auch Sex sind bei mir nicht mit einem Tabu, sondern eher mit etwas Normalen besetzt. Deswegen habe ich mit solchen Szenen per se kein Problem. Intimer finde ich es sogar, wenn man weinen soll. Und dennoch hatten wir beim Dreh eine Intimacy Koordinatorin, die darauf achten sollte, dass alles echt aussieht.

Wie kann man sich die Arbeit einer solchen Intimacy Koordinatorin vorstellen?

Das Tolle ist, dass wir mit Doris Uhlich hier eine Performancekünstlerin am Set hatten, die auch in ihrer künstlerischen Tätigkeit ganz viel mit Nacktheit zu tun hat, teilweise mit Hunderten Menschen nackte Installation aufführt. Sie hat zu Beginn Musik angemacht und sich uns annähern lassen wie in einem Tanz. Es ging zum Beispiel darum, wie sich die Haut des anderen anfühlt, kalt oder warm. So hat man sich mehr als Körper wie als sexuelles Objekt wahrnehmen können.

Auffällig an diesem kunstvollen Film ist auch die Sprache, die gar nicht altbacken wirkt, ohne deshalb aufgesetzt heutig klingen zu wollen.

Ich drehe in erster Linie in Deutschland, aber hier konnte ich endlich einmal so sprechen, wie ich auch aufgewachsen bin. Kein Hochdeutsch, kein Wienerisch, ein Deutsch mit feinem Wiener Akzent, der kenntlich macht, dass sie aus dem Bildungsbürgertum kommt. Und so haben wir uns auch ihre Ausdrucksweise vorgestellt, die einen Unterschied zu ihm ergibt, der viel derber spricht und damit eine andere Schicht zu erkennen gibt.

Die Wiener Moderne gilt so manchem als Sehnsuchtsort. Hätten Sie in dieser Welt des Aufbruchs auch gerne gelebt?

Wenn, dann nur für einen Tag. Ich fände es spannend, diesen ganzen aufregenden Persönlichkeiten zu begegnen. Danach würde ich dann aber gern schnell wieder zurück in meine Wohnung und meinen Alltag. Denn ich liebe mein Leben.

"Alma & Oskar" läuft ab morgen in den Kinos ABC, City, Monopol an.
R: Dieter Berger (A,D,CZ, 99 Min.)

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