Wünschen für München

Was im Kulturleben unserer Stadt fehlt, anders gemacht werden oder niemals eintreffen sollte: Bei diesen schönen Sachen kann nur das Christkind helfen.
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Nur die Tram käme noch durch, würde das "Center of Gravity" an der Barerstraße Wirklichkeit.
Henn Architekten 4 Nur die Tram käme noch durch, würde das "Center of Gravity" an der Barerstraße Wirklichkeit.
Puccini, der Unterschätzte: Wenn der Spielplan an der Staatsoper nach Klaus Bachlers Worten "südlicher" werden soll, müssen seine Opern aufgefrischt werden. Eine Butterfly, womöglich in der Urfassung wäre nicht schlecht.
Archiv 4 Puccini, der Unterschätzte: Wenn der Spielplan an der Staatsoper nach Klaus Bachlers Worten "südlicher" werden soll, müssen seine Opern aufgefrischt werden. Eine Butterfly, womöglich in der Urfassung wäre nicht schlecht.
Im Völkerkundemuseum wird außereuropäische Kunst als ethnografisches Dokument gezeigt, und nicht um ihrer Schönheit willen.
Archiv 4 Im Völkerkundemuseum wird außereuropäische Kunst als ethnografisches Dokument gezeigt, und nicht um ihrer Schönheit willen.

Was im Kulturleben unserer Stadt fehlt, anders gemacht werden oder niemals eintreffen sollte: Bei diesen schönen Sachen kann nur das Christkind helfen.

Gibt’s das Christkind wirklich? Wir hoffen es fest. Deshalb wünschen wir uns ein paar schöne Päckchen, die den kulturellen Weihnachtsbaum unserer Stadt schmücken könnten. Und wie es sich für das Fest gehört, sind auch ein paar Dinge dabei, die gar nicht notwendig, sondern purer Luxus sind. Aber hoffen ist ja nie verboten, sagt schon die Carmen in der Oper von Bizet.

Noch ein B mehr

Natürlich ersehnen wir weiterhin einen akustisch wunderbaren Konzertsaal im Marstall als Alternative zur Philharmonie im Gasteig. Aber das ist eine Herkulesaufgabe, die wir dem Christkind allein nicht zutrauen. Vielleicht muss der Osterhase mithelfen. Und das goldene Eier legende Huhn wäre ebenfalls hilfreich. Daher backen wir einen kleineren Lebkuchen: Vom Philharmoniker-Chef Christian Thielemann erhoffen wir, dass er zu Beethoven, Brahms und Bruckner noch ein weiteres B hinzufügt: Wir wünschen uns eine groß besetzte, erzromantische Aufführung von Bachs h-moll-Messe oder der „Matthäuspassion“, über die sich die Puristen von der historischen Aufführungspraxis so richtig ärgern müssen.

Hilfe, die Maxvorstadt wird dichtgemacht!

Möge das „Center of Gravity“ auf der Barer Straße zwischen den Pinakotheken, eine Vision der Stiftung Pinakothek der Moderne, visualisiert von Henn Architekten, nie Wirklichkeit werden. Zu populistisch-verlockend ist die Idee, eine Straße für Autos zu sperren und als urbanen Lebensraum zu inszenieren. Doch das bedeutungsschwangere Zentrum der Schwerkraft würde den ohnehin stockenden Verkehrsfluss in der Maxvorstadt völlig zum Erliegen bringen – es sei denn, man baute einen Tunnel für ein paar hundert Millionen Euro mehr.

Es gibt hier eben keinen klar konturierten Louvre-Hof, der Platz für eine spektakuläre Eingangspyramide bietet. In dieser Hinsicht allerdings haben die Schwerkraft-Visionäre ins Schwarze getroffen: Die Solitäre im Kunstareal brauchen eine neue Mitte – aber bitte nicht mitten auf der Barer Straße.

Puccini ehren und die "Butterfly" entsorgen

Am 22. Dezember feiern Opernfans den 150. Geburtstag von Giacomo Puccini. Liebes Christkind, trödle nicht im Hofbräuhaus herum, und gehe die paar Schritte zum Büro des Staatsopernintendanten Klaus Bachler. Er wartet auf die göttliche Eingebung, um endlich die uralte Inszenierung von „Madame Butterfly“ durch eine neue zu ersetzen. Drei Puccini-Hasser auf dem Intendantenstuhl haben diese verstaubte Verunstaltung im Spielplan gelassen, von der nicht einmal der Charme des Altbewährten und Gewohnten ausgeht.

Döner in Mitte

Dem Kulturreferenten Hans-Georg Küppers wünschen wir eine richtig schöne Skandal-Ausstellung in den sogenannten Kunstarkaden. Sie kennen diesen „interessanten Ort für Ausstellungen“ (münchen.de) nicht? Nix verpasst! In bester Lage, an der Sparkassenstraße, staubt die Arkade vor sich hin. Alles was nach Meinung der Kulturverwaltung „förderungswürdig“ ist, aber komischerweise nirgends sonst einen Platz findet, darf dort zwischengelagert werden. Zur Zeit sind recht ordentliche Zeichnungen eines früheren Bürgermeisters zu sehen, davor gab’s jede Menge Pipifax.

Gibt’s denn wirklich nix, worüber es sich zu reden lohnte? Vielleicht sogar ein richtiger Aufreger? Man wird ja noch mal weihnachtlich träumen dürfen. Wenn daraus nichts werden sollte, dann wünschen wir uns eine richtig gute Döner-Bude in den Kunstarkaden. Das wäre eine interkulturelle Verbesserung und so etwas fehlt dringend in Rathausnähe.

Eine LitMünchen wie in Cologne

Opernfestspiele, Spielart, Radikal Jung, Dance – die Stadt hat eine Menge Highlights im kulturellen Kalender. Nur die Literatur ist nach zuletzt dümpelnden Frühjahrsbuchwochen reparaturbedürftig. Eine Woche mit lesenden Stars und attraktivem Rahmenprogramm sollte die Literaturstadt München aber unbedingt aus der Taufe heben. Was in Köln und Berlin funktioniert, kann auch an der Isar nicht unmöglich sein.

Kunst statt Völkerschau

„Sicher ist die Zeit nicht mehr fern, dass diese Kunst aus den ethnographischen Museen verschwinden wird, um in den Museen der Schönen Künste zwischen dem Alten Ägypten oder Persien und dem europäischen Mittelalter Platz zu nehmen“, schrieb Claude Lévi-Strauss vor über einem halben Jahrhundert.

In München ist diese Prophezeihung bisher nicht eingetroffen: Große Kunst aus Afrika und Ozeanien dümpelt im Völkerkundemuseum an der Maximilianstraße vor sich hin. Ob das Christkind auch für heidnische Bildwerke zuständig ist, bezweifeln wir zwar, hoffen aber auf seine Weitherzigkeit und wünschen uns für München eine angemessene Präsentation außereuropäischer Kunst, wie sie in der Museumsstadt Paris und anderswo längst selbstverständlich ist.

RBR/rri/vi/gr.

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