Werden Kain und Abel Freunde?
Oscar-gekrönt: „In einer besseren Welt” von Susanne Bier packt uns mit ernsten Lebensfragen und endet doch optimistisch.
Glauben wir an das Gute im Menschen? 2000 Jahre Christentum und 250 Jahre Aufklärung können doch nicht spurlos an uns vorübergegangen sein? Richtig bedrohlich wird es aber, wenn wir mit Menschen konfrontiert werden, die moralisch nicht mehr ansprechbar sind und damit unberechenbar. Anton (Mikael Persbrandt) rettet selbstlos bei Ärzte ohne Grenzen in einem schwarzafrikanischen Flüchtlingslager Menschenleben. Eines Tages wird ein schwerverletzter Warlord angekarrt, der die Bevölkerung blutig terrorisiert. Gegen den Widerstand im Flüchtlingslager behandelt er ihn angeekelt. Es ist sein ärztliches Prinzip. Bis die Situation eskaliert und er ihn plötzlich nicht mehr vor dem Lynchen schützt.
Mobbing in der Schule
Die andere Hälfte seines Lebens muss er zuhause in Europa seine Ehe retten und seinem 12-jährigen Sohn Elias ein guter Vater sein. Und auch hier versucht Anton seinem Sohn vorzuleben, dass Gewalt nicht weiterhilft. Aber wie gut ist sein Vertrauensverhältnis zum Sohn? Sagt der noch die Wahrheit? Denn an der Schule wird Elias gemobbt. Bis er Freundschaft mit einem Jungen schließt, der sich – nach dem Tod seiner Mutter – abkapselt und seine eigene, alttestamentarische, terroristische Rachemoral entwirft: Auge um Auge, Zahn um Zahn – für die Gerechtigkeit.
Was geht in Teenager-Köpfen vor?
Die Dänin Susanne Bier hat gerade den wichtigen Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film bekommen. Denn mit „In einer besseren Welt” ist ihr Großes gelungen: elegant verwobene, packende Geschichten zwischen Afrika und unserem Europa. In der Erwachsenenwelt stellen sich Erziehungs-, Ehe- und Liebesfragen. Noch intensiver blicken wir in Teenager-Köpfe, sehen den Kampf gegen aggressive Hänseleien und erleben wie daraus – vor den Erwachsenen verborgen – ein eigenes Weltbild ensteht: härter als man Kindern zutraut und es ihnen versucht, vorzuleben.
Trotz Wahrheit und Härte ein Happy End
So ist „In einer besseren Welt” ein packender Film, eine Art Lebenskrimi, dem man gebannt und gepackt folgt, weil er unpädagogisch bleibt und so schwierig und uneindeutig wie das Leben selbst. Und wenn am Ende sogar eine Art Happy End steht, so ist dies nicht peinlich, sondnern erleichternd. Kinder entwickeln eben doch ein Gespür für Menschlichkeit, wenn wir Erwachsenen offen mit ihnen umgehen. Vielleicht haben ja 2000 Jahre Christentum und 250 Jahre Aufklärung doch etwas in uns – bei all unserer Fehlbarkeit – bewirkt.
B&R: Susanne Bier (DK,113 Min.)
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- Terrorismus