Wer fällt, kann auch gleich beherzt springen
Geradlinig ist rein gar nichts, wenn man jung ist (und später sowieso nicht). Alles wellt sich ein wenig wie diese Halfpipe auf der Bühne des Volkstheaters, an deren Rand der pubertierende Maik steht und seine Geschichte zum Besten gibt: wie er in Tatjana verliebt war und wie zur selben Zeit Tschick in seine Klasse ankam, ein Russe, aber mit deutschem Pass.
Und schon steht er da, Tschick, eine Plastiktüte in der Hand, und er fährt kurze Zeit später mit einem geklauten Lada vor, symbolisiert durch ein altes Kofferradio, und nimmt Maik mit auf eine spontane Reise: von Berlin in die Pampa, die Walachei heißt.
Es sind zwei Jugendliche ohne familiären Halt, Kids im freien Fall, von denen Wolfgang Herrndorf in seinem Erfolgsroman erzählt, und die Darsteller in der Dresdner Inszenierung von Jan Gehler lassen sich von dem Hügel auch gern nach hinten ins nicht einsehbare Off fallen. Sie springen oft munter drauf los, fliegen befreit. Die Schwebe zwischen Witz und Melancholie, die den Roman ausmacht, hält auch Gehler hervorragend, und er findet eine schöne Balance zwischen Erzählen und Spiel. Benjamin Pauquet als aufrichtiger Maik und Sebastian Wendelin als lässiger Tschick lassen bei ihrem Kofferradio-Ritt, zur Musik von Richard Claydermann, zwischen den Zeilen und Begegnungen die Freundschaft leise wachsen. Dabei konturieren Anna-Katharina Muck und Holger Hübner herzhaft schräg den Kosmos Ostdeutschland, durch den die Jungs cruisen. Und Lea Ruckpaul fügt mit dem Ausreisser-Mädchen Isa ein rotziges, dann doch sanftes Wesen hinzu. Das ist sehr witziges Feel-Good-Theater, mit ein, zwei Tränen auf der Zielgeraden.
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