Wenn die Feuerwehr Eifersuchtsflammen löscht

Mariana Lekys „Die Herrenausstatterin“ tröstet Leserinnen an schlimmen Tagen
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Mariana Lekys „Die Herrenausstatterin“ tröstet Leserinnen an schlimmen Tagen

Wenn eine gute Freundin Liebeskummer hat, muss man ganz viel zuhören, Schokolade füttern und Prosecco einflößen. Das wird aber nach ein paar Abenden ziemlich mühsam, da sich die Gespräche meist im Kreis drehen.

An diesem Punkt sollte man der Unglücklichen ein Buch schenken, das den Oscar-Wilde-Ausspruch illustriert: „Alles wird gut. Und wenn es nicht gut wird, ist das auch noch nicht das Ende.“ Damit ist sie ein, zwei Abende beschäftigt, die man selbst mit fröhlichen Menschen verbringen kann. Und wenn es das richtige Buch ist, geht es ihr danach sogar schon besser.

Mariana Leky hat das richtige Buch geschrieben. „Die Herrenausstatterin“ ist genauso schräg, wie man nun mal in solchen Zuständen drauf ist. Die Liebeskummerkranke im Buch ist Katja, und die arme Frau hat allen Grund zu weinen. Sie hat ihre große Liebe Jakob getroffen – eine Liebe, die nicht ganz ohne Geholper, aber doch sehr gut lief. Dann verlässt Jakob sie für eine andere Frau, aber nicht ohne zu betonen, dass er sich noch nicht recht entschieden habe. Nur wenige Tage später kommt er bei einem Autounfall ums Leben. Katja bleibt zurück und trauert doppelt als Verlassene und Witwe.

Kluger Galgenhumor

Bei der Trauerarbeit steht ihr ein Toter bei. Nicht etwa ihr verstorbener Mann, sondern ein älterer Nachbar, dessen Geist nur zufällig vorbeikam, noch sehr menschlich aussieht: Ihm ist es zu verdanken, dass sie Astronautennahrung trinkt, weil sie nichts mehr essen kann. Nach einer Weile schließt sich dem eigenwilligen Gespann noch ein Feuerwehrmann an, der fast ausschließlich mithilfe von Zitaten aus Karatefilmen kommuniziert, aber immerhin Katjas Hormone wieder aufweckt.

Mariana Leky beweist Galgenhumor und Klugheit. Sie baut Stimmungen von Verzweiflung bis Hoffnung auf und verpackt all das in verschrobene, lange Sätze. Eine typische Passage klingt so: „In dem Buch von Evelyns Psychiater hatte gestanden, dass man, wenn man glaubt, gleich verrückt zu werden, die Haare von jemandem zählen solle. Weil es jetzt nur noch meinen Kopf gab, stellte ich mich vor den Badezimmerspiegel und fing an, meine Haare zu zählen, aber der Versuch, die eigenen Haare zu zählen, führt schnurstracks hinein in die Verrücktheit und zu Verspannungen, deshalb hörte ich damit auf und setzte mich wieder an den Küchentisch.“

Das Wunderbare an der „Herrenausstatterin“ ist, dass nicht wie in sämtlichen Frauenromanen die Verlassene sich so schnell wie möglich ein neues Spießeridyll schafft. Nichts wird gut. Aber das ist noch nicht das Ende. Und kein Mensch kann bestreiten, dass ein Leben mit einem Geist und einem kaputten Porzellanflamingo als Hausgenossen auch ein Leben ist – Hauptsache, man muss nicht mehr jeden Tag weinen.

Julia Bähr

Mariana Leky: „Die Herrenausstatterin“ (DuMont, 207 S., 18.95 €)

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