Wehmut und gute Zeiten mit der süßen Caroline

Lässig augenzwinkernd charmt Diamond in der Olympiahalle. Federnde Knie, die lockere Hüfte - eine Handbewegung ist bei Neil eine Geste. Klar und einfach.
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Lässig augenzwinkernd charmt Diamond in der Olympiahalle. Federnde Knie, die lockere Hüfte - eine Handbewegung ist bei Neil eine Geste. Klar und einfach.

Neil hat Probleme mit seinem Knopf im Ohr. Aber auch wenn er auf der Bühne seinen Gesang nicht hören kann, „Sweet Caroline“ geht immer. Das Publikum hilft. Neil wird neu verkabelt. „Haut nicht ab“, ruft er dem Köpfeteppich zu. „Ihr werdet so oder so unterhalten.“ Nochmal, sagt er, gibt es den Song nicht. Oder doch? Und dann singt Diamond, frisch verstöpselt, „Sweet Caroline“, zum zweiten Mal. Die Show ist da gerade eine Viertelstunde alt.

Lässig augenzwinkernd charmt Diamond in der Olympiahalle. Federnde Knie, die lockere Hüfte. Eine Handbewegung ist bei Neil eine Geste. Klar und einfach. Neil ist Unterhalter in einer Welt, die an Stelle ihrer Entertainer geklonte, talentlose Pfeifen gesetzt hat. Neil kann noch, einsam auf einer Riesenbühne, mit einem Lächeln der unüberschaubaren Masse das Gefühl der Freude geben. Natürlich hat er den Nostalgie-Part zu erfüllen: „Beautiful Noise“, „Lady Oh“, „Cherry Cherry“, „Song Sung Blue, „I’m A Believer“ – den er für die Monkees geschrieben hat – der Sänger hat Spaß an der Begeisterung seines Publikums.

Das Understatement und die Urformel des Pop

Hinter ihm steht die Band auf verschiebbaren Bühnenteilen. Zwei Gitarristen, ein Bassist, Schlagzeuger, Perkussionist, zwei Keyboarder, drei Sängerinnen, vier Bläser. Das Understatement der Leichtigkeit ist in dieser Größe nur mit aufwändiger Perfektion zu erreichen. Zu „Brooklyn Roads“ sind Fotos und Filme aus Neils New Yorker Kindheit zu sehen. Rührende, perfekt inszenierte Wehmut ohne das Zuviel des Kitschs.

„You Don’t Bring Me Flowers“ – Neil sitzt an einem Tischchen: Rotwein, Rose. Duettpartnerin Linda Press kommt auf einer Plattform auf ihn zugefahren. Singend tanzen sie den Stehblues. Ja, das ist die sehr amerikanische Ausgabe von Gefühlsentertainment. Aber Neil Diamond hat als Alternative zum Crooner-Schmelz seine beiden letzten Alben anzubieten. „Pretty Amazing Grace“, „Hell Yeah“: Für die Tour sind die Songs in wuchtigere Arrangements gehüllt worden. Aber Neil Diamond schafft es, eine Emotion so einfach in Lieder zu packen, dass man nicht an Lüge denkt – und das ist eine Urformel des Pop.

Christian Jooß

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