Was der Wasserhahn zum Wasserhuhn sagte
Er verschmolz als Vertreter der "Neuen Frankfurter Schule" Nonsense, anarchischen Witz und dichterische Ernsthaftigkeit zu einer neuen Kunstform. Am Dienstag wird der große Satiriker F.W. Bernstein 70 Jahre alt.
Ja, Bernstein, das klingt nach Schmuck, nach Über- lebensfähigkeit bis ins hohe Alter, auf jeden Fall edler als das schwäbelnde Weigle, mit dem einer der besten deutschen Satiriker vor 70 Jahren auf die Welt, ins beschauliche Göppingen geworfen wurde.
Der größte Verdienst von Fritz Weigle alias F.W. Bernstein liegt wohl darin, dass er als Vertreter der „Neuen Frankfurter Schule“ Nonsense, anarchischen Witz und dichterische Ernsthaftigkeit zu einer neuen Kunstform verschmolz. „Zeichnen ist durchaus salonfähig“, meint Berstein in der Textsammlung „Kunst und Kikeriki“, „und kommt gleich nach Klavierspielen, Ohrenwackeln und Dampfplaudern.“
Ein dynamisches Trio
Zusammen mit Robert Gernhardt und F.K. Wächter bildete Bernstein ein dynamisches Trio, das Mitte der 60er in Frankfurt bei der Zeitschrift „Pardon“ die legendäre Kolumne „WimS – Welt im Spiegel“ verfasste. Während Waechter und Gernhardt bis zu ihrem Tod in den Jahren 2005 und 2006 ihr Brot als freie Künstler und Autoren verdienten, wurde Bernstein Lehrer in Frankfurt. Nach einigen Jahren Unterricht an der Pädagogischen Hochschule Göttingen wurde er 1984 an die Hochschule für Künste in Berlin berufen. Dort hat Bernstein, der in Stuttgart und Berlin einst Bildende Kunst studierte, bis zur Pensionierung 1999 Karikatur und Bildergeschichte gelehrt.
Markenzeichen Bernsteins sind seine „Wimmelbilder“. Noch bekannter wurde er durch seine Verse. Der Zweizeiler „Die schärfsten Kritiker der Elche/ waren früher selber welche“ ist Kult und entstand auf einer Autofahrt mit Waechter und Gernhardt. In Kassel gehörte Bernstein zu den Gründern des Vereins „Caricatura“, der sich seit 1984 um die Satire verdient gemacht. In Frankfurt soll Ende August das Museum für Komische Kunst eröffnet werden. Dafür hat die Stadt mehrere tausend Arbeiten von Gernhardt, dem inzwischen auch gestorbenen Chlodwig Poth, Bernstein und Hans Traxler gekauft.
"Jetzt langsam mein Spätwerk vorbereiten"
„Ich muss jetzt langsam mal mein Spätwerk vorbereiten“, witzelt Bernstein. Er will sich wieder verstärkt der Grafik zuwenden, geplant ist auch die Illustration eines Kinderbuchs von Heinrich Hannover. Einen Spruch für die Zukunft hat er schon gedichtet: „Vieles ist getan, mehr ist noch zu tun/ Sprach der Wasserhahn zum Wasserhuhn.“ Der Fluss seiner Kreativität wird noch viele schräge Wellen schlagen.
Tipp:
„Superfusseldüse“ 19 Dramen von Bernstein (Kunstmann Verlag, 200 Seiten, 16.90 Euro)
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