Warte, bis es schlüpfrig wird

Spukhausschocker, Superheldensatire, Sexploitation: Das Fantasy Filmfest hält sich auch zum Jubiläum an keine Konventionen
Florian Koch |
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Silbernes Besteck aus dem Fenster werfen – langweilig. Den Hauseingang mit aus Tannenzweigen gebundenen Kränzen schmücken – noch spießiger. Jene, die nächste Woche Silberhochzeit feiern, wollen Köpfe rollen sehen und brutale Serienkiller jagen. Wer diese Wahnsinnigen sind? Eine eingeschworene, bestens gelaunte Gemeinde, die sich nun zum 25sten Mal die jährliche Horrorfilm-Ehe schwört.

Diese Jünger des Obskuren, des Abseitigen, des Radikalen werden sich auch am Dienstag, 30. August, vor dem Cinema versammeln, wenn das Fantasy Filmfest mit dem atmosphärischen Spukhausfilm „Don’t Be Afraid Of The Dark” die Geisterstunde vier Stunden vorverlegt. Im Hamburger Alabama Kino fiel 1987 der Startschuss für das größte Genrefilm-Festival in Deutschland. Vieles hat sich seither verändert – neue Städte sind hinzugekommen, Genregrenzen wurden gesprengt und die „Nights” geboren – aber die Essenz des Fantasy Filmfests ist die gleiche geblieben: Kompromisslose und ausgefallene Filme zu präsentieren, die im Blockbuster- und Komödieneinheitsbrei viel zu häufig untergehen.

Diese Maxime spiegelt am besten der „Fresh Blood” -Award wider, ein undotierter Preis, bei dem die Zuschauer über cineastisches Frischfleisch talentierter Filmemacher abstimmen. Und das hier durchaus publikumswirksame Werke eine Chance haben, das beweisen die letzten Gewinnerfilme „District 9” und „Four Lions”.

Eine Blutauffrischung für das einheimische Kino und erster Anwärter für den „Fresh Blood” ist „hell” (4.9., Gloria, 19.15 Uhr). HFF-Absolvent Tim Fehlbaum erzählt in seinem packenden Endzeitthriller von drei Hitze-Überlebenden, die in den Bergen nach Wasser, Lebensmitteln und Hoffnung suchen. Hoffnung für den deutschen Genrefilm verbreitet aber nicht nur „hell”, sondern auch „Urban Explorer” (2.9., Cinema, 21.30 Uhr), ein knallharter Berliner Tunnel-Schocker, der ganz sicher nichts für Klaustrophobiker ist.

Mit klimatischen und räumlichen Extremen setzt sich auch „On The Ice” (6.9., Cinema, 17 Uhr) auseinander, ein Geheimtipp für Zuschauer, die etwas zartbesaiteter sind. Mitten in der Einöde Alaskas, wo man sich nur mit Schneemobilen fortbewegen kann, spielt sich ein menschliches Drama ab, das keinen kalt lässt. Zwei Kumpels töten im Affekt einen Kameraden, und lassen seinen Leichnam unter der Eisdecke verschwinden. Doch die Verschwiegenheit der beiden schmilzt schneller als das Packeis, und so kommt Eisscholle für Eisscholle die ganze unbequeme Wahrheit ans Tageslicht.

Überhaupt stehen die Probleme junger Heranwachsender im Mittelpunkt vieler Fantasy-Filmfest-Beiträge. So auch in „Hesher” (31.8., Cinema, 21.30 Uhr). Ein völlig verlotterter Joseph Gordon-Levitt, bekannt aus „Inception”, verleiht hier einem kleinen verstörten Jungen wieder neuen Lebensmut.

Im wahrsten Sinne des Wortes „irre” mutig: Möchtegern-Superheld Rainn Wilson und Ellen Page („Juno”) als nymphomane Comic-Fetischistin in „Super” (3.9., Gloria, 21.30 Uhr). Abgefahren ist neben der schwarzhumorigen Abschlussfilm-Comedy „Attack The Block” (7.9., Cinema, 21.30 Uhr) auch der weltweit erfolgreiche Edelporno „3D Sex And Zen” (6.9., Cinema, 21.30 Uhr), der mal die horizontalen Qualitäten des umstrittenen 3D-Formats testet. Man darf gespannt sein, ob es zur hoffentlich Goldenen Fantasy Filmfest Hochzeit dann auch wieder so schlüpfrig zur Sache geht.

Weitere Infos: www.fantasyfilmfest.com

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