Wagners "Lohengrin" neu besetzt
Gesucht, gefunden: Mit diesem Etikett würde man das Paar, das diese Elsa und dieser Lohengrin ergeben, dem Erscheinungsbild nach eher nicht bezeichnen. Rachel Willis-Sorensen, sehr groß, mit üppigem Sopran, wirkt neben Benjamin Bruns, stattlich, doch kein Hüne, nicht so schutzbedürftig, wie es ihre Opferrolle verlangen würde. Die Amerikanerin und der Deutsche haben in der Wiederaufnahme von Richard Wagners romantischer Oper "Lohengrin" ihre Rollen von Johanni van Oostrum respektive Klaus Florian Vogt übernommen.
Ein idealtypischer Heldentenor ist Bruns nicht, zumindest, wenn man diesen als Kraftprotz hören will. Zwar ist sein stabiles Organ konturiert, Bruns kann es im Streite zu einem schneidenden Schwert schärfen oder Elsa am Ende, wenn sie ihn dann doch nach seinem Namen gefragt hat, mit klirrender Kälte und einem unterdrückten Keifen zurückweisen. Was der noch nicht Mitte 40-Jährige jedoch so gut beherrscht wie derzeit kein anderer Gralsritter, ist der übergangslose Wechsel in ein zärtliches Piano.
Dann verschmilzt seine milchige, doch weniger naturbelassene als leicht rahmig-flächige Stimme mit der sinnlich-fraulichen von Rachel Willis-Sorensen auf geradezu unwahrscheinliche Weise zu einer Mischung mit ganz eigenem, zauberischem Aroma. Der Lohengrin von Benjamin Bruns entstammt zweifellos einer andersweltlichen Sphäre.
Ein neuer Wotan kündigt sich an
Dass in der konventionelle Vorstellungen von Männlichkeit keine Rolle spielen, wird umso deutlicher, je zeigefreudiger die weltlichen Ensemblekollegen diese in Kraft setzen. Dem Bassisten Ryan Speedo Green, der als König Heinrich auch im Piano poltert, kommt mit den Zwischentönen auch die Textverständlichkeit abhanden, Martin Gantner parliert hingegen mit direkt ansprechendem Bariton eloquent und lässt seinen Telramund hasserfüllt kehlig verglühen.
Um ihn zu manipulieren, nutzt Anja Kampe als Ortrud jedes Wort, jede Silbe, jeden Ton ihrer höchsten Deklamationskunst, im Duett mit Elsa träufelt sie ihr Gift in einem verführerisch süßen Belcanto; auch, wenn wir wissen, dass sie lügt, gehen wir ihr gerne auf den Leim. Andrè Schuen verleiht dem Heerrufer imposantes bassbaritonales Format und entdeckt gleichzeitig einen ungeahnten Reichtum an Nuancen: Hier kündigt sich ein Wotan an, vielleicht gar ein Hans Sachs.
Dazu changiert das Bayerische Staatsorchester in unmerklichen Übergängen zwischen Streicherschimmern, Holzbläserleuchten, Hörnerblenden und Trompetenstrahlen, am Pult spannt Sebastian Weigle weite Bögen und integriert organisch die Chöre, die Christoph Heil in seiner Einstudierung zu einem klangmagischen wie sprachmächtigen Über-Apparat gemacht hat: auch das eine Entrückungserfahrung ganz eigener Art.
Weitere Aufführungen am 11. und 18. Februar (16 Uhr) sowie am 15. Februar (17 Uhr) im Nationaltheater, Karten online und unter % (089) 21 85 19 20
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