Vorsprung durch Technik

Klappe zu, Affe tot? Von wegen! „Planet der Affen: Prevolution“ erzählt nach Tim Burtons misslungener Neuverfilmung packend die Vorgeschichte zum Charlton-Heston-Klassiker
von  Florian Koch

Genüsslich nuckelt der Kleine am Milchfläschchen, spielt putzig mit der Videokamera und entdeckt neugierig seine Umwelt. Nur ein wenig traurig wirkt der stark behaarte und sehr behände Racker, wenn er durchs Fenster schaut. Denn raus in die Natur, in die Freiheit darf er nicht. Und das hat auch einen Grund.

Denn Caesar ist weder ein hyperaktives Kleinkind noch ein süß-domestiziertes „Unser Charly“-Schimpansenbaby. Caesar heißt in Rupert Wyatts „Planet der Affen“-Neuauflage nicht nur wie ein römischer Feldherr, er hat auch die Revolution, den Anführergeist von klein auf im Blut. Eingeimpft hat es ihm unfreiwillig sein „Herrchen“, der Wissenschaftler Will Rodman (James Franco). Der geht in seiner Forschung nach dem Motto vor: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Wills Vater hat Alzheimer im Endstadium und ist auf einen überforderten Pflegedienst angewiesen. Das sind Probleme, die nicht nur Will kennt, aber der Wissenschaftler will sich einfch nicht damit abfinden – und da hilft nur ein tiefer Griff in den Gen-Veränderungsbaukasten. Leidtragende sind die Affen. Die verwandeln sich durch die Spritzen, werden intelligenter, aggressiver. Als ein Testlauf schiefläuft, beginnt im Labor die Affentreibjagd. Nur den kleinen Caesar kann Will noch retten. Doch der wird erwachsen und beginnt zu begreifen, dass die eigene Halsband-Existenz mit einem Leben in Würde nichts zu tun hat.

Natürlich greift Hollywood-Newcomer Rupert Wyatt mit der menschlichen Maßlosigkeit, die zum Boomerang wird, ein Thema auf, das bereits im Original-Affenfilm ausgiebig verhandelt wurde. Aber seine mitreißende und klug strukturierte Utopie vollführt doch eine entscheidende Kehrtwende: Caesar, der Affe, steht im Filmmittelpunkt, und Franco ist kein zweiter Heston. Im Gegenteil. Umso selbstbewusster sich Caesar gebärdet, umso schwächer, unwichtiger werden die Menschen. Das dieser Kniff funktioniert, hängt eng mit Andy Serkis zusammen.

Der Schauspieler gilt als genialer Performance-Capture-Darsteller. Wie schon bei Gollum aus „Herr der Ringe“ wurde jede seiner Bewegungen, seine Gestik, seine Mimik in den Computer eingelesen. Heraus kam die vielleicht überzeugendste animierte Figur, die es bisher in einem Realfilm zu sehen gab. Zum ersten Mal wirken die Augen eines solchen PC-Geschöpfs nicht tot. Sie funkeln. Zwar etwas grünlich, aber sie funkeln.

Und Caesars emotionale Intelligenz ist es auch, die im fantastischen Showdown auf der Golden Gate Bridge den Affen einen kleinen Vorsprung vor den Menschen verschafft. Bis zum nächsten Aufeinandertreffen.

Kino: Cinema (OV), CinemaxX, Mathäser, Münchner Freiheit, Museum Lichtspiele (OV), Neues Gabriel, Royal R: Rupert Wyatt (USA, 105 Min.)

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