Vom Regen in die Traufe?

Mit einer ironisch-harten Abrechnung am Ende: Harald Serafin eröffnet seine letzte Saison der Operetten-Seefestspiele im burgenländischen Mörbisch und zeigt die „Fledermaus” klassisch
Volker Boser |
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Es ist seine letzte Saison, aber den Schmäh hat er noch nicht verlernt: „Ich gehe danach ja nicht ins Grab”, diktierte Harald Serafin munter aggressiv den Journalisten in die Notizblöcke. Und als ob es dafür noch eines Beweises bedurfte, entzückte er auch diesmal das Premierenpublikum in seiner Rede zu Beginn mit jenen berühmt-berüchtigten Sottisen, mit denen er die Abgründe der österreichischen Seele so trefflich zu beschreiben versteht: „Ich möchte auch den Vizekanzler begrüßen. Ist er da? Ich sehe ihn nicht.” Wiens Bürgermeister Häupl darf sich anhören, dass seine Frau „sehr liebenswert” sei: „Mit ihr habe ich öfter Kontakt”. Was immer das bedeuten mag.

Die Nachfolge-Regentin Dagmar Schellenberger wurde weder erwähnt noch gesichtet. Sie bekam bereits im Vorfeld ihr Fett ab: „Eine Kammersängerin aus der ehemaligen DDR – und bei mir in Mörbisch als Zweitbesetzung für die ,Gräfin Mariza’ engagiert. Da hat sie dann die ersten Kontakte geknüpft, mit dem Ergebnis, dass man sie gewählt hat.” Sympathie hört sich anders an. Zum Abschied „Die Fledermaus” von Johann Strauß zu wählen, zeugt von Mut und Selbstbewusstsein. Als Alfred nach einer halben Stunde seine geliebte Rosalinde in die Knie und ins Bett zwingen will – mit den Worten: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist”, setzte ein penetranter Nieselregen ein. Er begleitete die Premiere bis zum grandiosen Schluss-Feuerwerk. Was die gute Stimmung aber nicht trübte.

Denn Helmut Lohners bunte Inszenierung befriedigte alle, die von Regietheater-Mätzchen die Nase voll haben. Sie sind in Mörbisch ohnehin in der Mehrheit. Stubenmädchen Adele bekam auf dem Ball des Prinzen Orlofsky ihre „Margarine” statt „Migräne”. Später dann, als Frosch, bündelte der mittlerweile 79-jährige Regisseur so ziemlich alle Pointen, die er im Verlauf seiner langen und erfolgreichen Karriere in dieser Rolle einsammeln durfte, inklusive einheimischer Befindlichkeiten: „Die Welt wird immer Grasser.”

Ein Volltreffer: Bühnenbild und Kostüme von Amra Bergmann, einer Schwiegertochter des Pianisten Rudolf Buchbinder: farbig, fantasievoll, aber nicht überladen. Zur großen Verbrüderungsszene im zweiten Akt wurde die riesige Bühne mit knallroten Matratzen gefüllt, was sich je nach Belieben als sündiger oder spießiger Jugendherbergs-Spaß interpretieren ließ. Die überzeugend choreografierten Tanzeinlagen (Giorgio Madia) litten ein wenig unter dem Regen. Die Polka „Unter Donner und Blitz” entsprach dem Wetter. Endlich einmal die originale Ballettmusik von Strauß präsentiert zu bekommen, wäre reizvoller gewesen.

Auf der Haben-Seite der Dirigent Manfred Mayrhofer: Er befeuerte das bestens vorbereitete Orchester zu einfühlsamem und temperamentvollem Musizieren. Dass die Atmosphäre stimmte, war aber nicht zuletzt ein Verdienst der Sänger: Alexandra Reinprecht (Rosalinde), Herbert Lippert (Eisenstein), Zoriana Kushpler (ein grandioser Orlofsky), Daniela Fally (Adele) und Serafin-Sohn Daniel (Falke) ließen keine Wünsche offen. Angus Wood als Möchtegern-Pavarotti Alfred nervte. Harald Serafins Gefängnisdirektor Frank rührte. Im nächsten Jahr gibt es Millöckers „Bettelstudent”. Harald Serafin hat jetzt schon angekündigt, dass er ihn sich nicht anschauen wird: „Ich bin dann im Urlaub.”

Bis 25. August, www.seefestspiele-moerbisch.at. Karten: Tel. 0043 / 268266210-0

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