Vollgas, Spitzentöne und echte Leidenschaft
Von einer Entdeckung lässt sich schlecht sprechen. Dieser junge Tenor hat schon bei den Salzburger Festspielen Gounods Romeo gesungen. Im Oktober wurde sein Auftritt in der New Yorker Met als Partner der Netrebko in „Anna Bolena” weltweit in die Kinos übertragen.
Bei seinem München-Debüt war Stephen Costello als Leicester in einer konzertanten Aufführung von Donizettis „Maria Stuarda” zu hören. Der Amerikaner hat eine kraftvolle und kultivierte Stimme, die ideal zu den zwischen Lyrik und Dramatik changierenden Helden des romantischen Belcanto passt. In der Philharmonie wirkte er allerdings übertrieben nervös. Die Stimme schien durch eine Erkältung in der Höhe leicht belegt, was der Sänger mit Dauervollgas auszugleichen versuchte.
Erstaunliches leistete Krassimira Stoyanowa in der Titelpartie: Die Bulgarin tönt in jeder Lage klangvoll und ausdrucksstark. Im ersten Akt noch eine Spur neutral, fand sie im Gebet und der Finalszene zu Leidenschaft, Größe und Pathos. Und sie hat die Nerven, mitten im ersten Finale den heruntergefallenen Taktstock aufzuheben.
Die kurzfristig für Vesselina Kasarova eingesprungene Alexandrina Pendatchanska schleuderte als Elisabetta nicht nur effektvolle Spitzentöne in den Saal, sondern überzeugte auch mit kontrolliertem Ausdruck und Stilgefühl. Für einen würdigen Rahmen sorgte das aus lokalen Klangkörpern rekrutierte Münchner Opernorchester unter Massimiliano Murrali und der von Andreas Herrmann einstudierte Münchner Opernchor.
Voll war die Philharmonie übrigens auch. Wer romantischen Belcantogesang liebt, sollte sich unbedingt an der Wiederholung dieses Genusses laben. Der Streit der Königinnen, das Gebet der Maria und das Finale gehören zum Besten, was Donizetti komponiert hat.
Noch einmal heute, 5. Dezember 2012, 19.30 Uhr, in der Philharmonie
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