Volles Risiko voran!
Heike Makatsch spielt im ZDF-Film „Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf“ eine Pionierin der Frauenbewegung
Selbst große Leistungen schützen nicht davor, von der Geschichte vergessen zu werden. Zu diesen Fällen zählt die Ärztin und Reformerin Hope Bridges Adams-Lehmann (1855 – 1916), die als erste Frau in Deutschland das medizinische Staatsexamen abgelegt hatte. Das ZDF zeigt jetzt – nach der Klärung aller Plagiastvorwürfe der Historikerin Marita Krauss – den Zweiteiler über die Pionierin der Frauenbewegung. Heike Makatsch, die bereits als Margarete Steiff und Hildegard Knef Erfahrung mit historischen Stoffen gesammelt hat, spielt die Hauptrolle. Die 38-Jährige lebt mit dem Musiker Max Schröder und den beiden Töchtern in Berlin. Bei Viva startete sie ihre Karriere.
AZ: Frau Makatsch, wie haben Sie sich auf die Rolle der Dr. Hope Bridges vorbereitet?
HEIKE MAKATSCH: Ich habe die Biographie von Marita Krauss gelesen und auch das Frauenbuch, das Hope selbst geschrieben hat. Dieses Buch war revolutionär, weil es den Frauen zum ersten Mal die Abläufe im weiblichen Körper erklärte. Es gab ihnen das Wissen, wie man Krankheiten vorbeugen oder Schwangerschaften verhindern kann.
Klingt ganz so, als würden Sie Hope bewundern.
Ich bewundere ihren Mut, sich von Grenzen der damaligen Zeit nicht beeindrucken zu lassen. Aber auch die Leidenschaft, mit der sie die Leiden anderer bekämpft hat. Dabei ging es ihr gar nicht nur um die der Frauen, sie kämpfte gegen jede Ungerechtigkeit sozialer Natur.
Hopes Mutter warnt sie: „Wenn du einmal an deine Grenze stößt, wird’s sehr weh tun.“ Ist das ein Schmerz, den Sie schon mal gespürt haben?
Die Mutter sagt das im Film, weil Hope keine Grenze akzeptiert. Da bin ich anders. Spüre ich eine Grenze, gehe ich ein paar Schritte zurück und probier’s vielleicht noch einmal von einer anderen Seite. Oder ich nehme einen Umweg.
Hope ist eine Rebellin, haben Sie sich auch deshalb für die Rolle entschieden?
Mich hat vor allem die Brüchigkeit dieser Figur gereizt. Einerseits hat Hope immer versucht, Gerechtigkeit und Fortschritt voranzutreiben. In ihrem eigenen Privatleben aber hat sie sich als Versagerin gesehen.
Sie verlässt nicht nur ihren Mann, sondern auch die eigene Tochter. Können Sie das nachvollziehen?
Nein, ich denke, es gibt eine Bindung zwischen einer Mutter und ihren Kindern, die man nur ganz schwer lösen kann. Eine solche Trennung wäre noch brutaler, als wenn der Vater geht. Vielleicht bin ich mit dieser Ansicht aber auch wieder nur zu sehr ein Kind unserer Gesellschaft. Persönlich könnte ich mir das jedenfalls nie vorstellen.
Im Film kamen Ihre Haare ab. In Wirklichkeit auch?
Nein, wir haben mit einer Perücke gearbeitet, schließlich musste ich zwischen der 16-jährigen, der 30-jährigen und der 70-jährigen Hope springen.
Wie war es denn für Sie, die 70-jährige Heike Makatsch im Spiegel zu sehen?
Ach, ich glaube, ich sehe später einmal ganz anders aus als im Film. Der beste Maskenbildner kann die Auswirkungen der Schwerkraft nicht hinschminken. Also hat man zwar Falten, aber es hängt nichts.
Glauben Sie, dass wir heute in der Gesellschaft angekommen sind, von der Hope immer geträumt hat?
Schwierig zu sagen. Ich habe mich beispielsweise noch nie benachteiligt gefühlt. Aber heute lautet die Frage ja auch nicht mehr: Dürfen Frauen arbeiten, sondern, gibt es genug Arbeitsplätze, egal ob für Männer oder Frauen? Ich weiß nicht, ob es eine tolle Errungenschaft der Emanzipation ist, dass Frauen heute zehn Stunden an der Supermarktkasse sitzen dürfen. Und in unserem Gesundheitssystem ist eine Zweiklassengesellschaft entstanden. So hat sich Hope das mit Sicherheit nicht vorgestellt. Ihre Ansätze waren eher sozialistisch. Aber die sind ja heute nicht mehr en vogue.
Sind Sie selbst sehr risikofreudig?
Ich glaube ja. Meistens erkenne und empfinde ich ein Risiko aber gar nicht als ein solches. Deshalb empfinde ich mich nicht als sonderlich mutig. Erst wenn ich zurückschaue, denke ich bisweilen: Oh ja, das war aber ein ganz schönes Risiko.
Bei welchen Situationen hatten Sie dieses Gefühl?
Bei allen, mein ganzes Leben lang. Mich einfach hinzustellen und in eine Kamera zu reden, ohne zu wissen, was ich da eigentlich mache – ich finde das ganz schön risikofreudig. Und auch nach England zu gehen, ohne zu wissen, was ich hinter mir lasse.
Angelika Kahl
ZDF, heute und am Mittwoch, jeweils 20.15Uhr
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