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Mehr als ein Gag: Die freie Truppe „Opera incognita“ um Andreas Wiedermann und Ernst Bartmann bringt Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“ ins Müller’sche Volksbad
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Mehr als ein Gag: Die freie Truppe „Opera incognita“ um Andreas Wiedermann und Ernst Bartmann bringt Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“ ins Müller’sche Volksbad

Statt Smoking empfiehlt der Regisseur Flipflops und leichte Kleidung. Denn in der Damenschwimmhalle von Münchens schönstem Wassertempel ist es ziemlich warm. Am Samstag hat dort Mozarts „Idomeneo“ in Andreas Wiedermanns Inszenierung Premiere.

AZ: Herr Wiedermann, was hat Mozart mit dem Müller’schen Volksbad zu tun?

ANDREAS WIEDERMANN: „Idomeneo“ ist die Wasser-Oper schlechthin. Nirgendwo gibt es so viele Sturmszenen. Die Handlung spielt am Meer oder in Häfen. Aus dem Wasser kommt der Zorn des Gottes Poseidon. Dem Meer wird etwas versprochen. Viele Figuren haben eine klare Beziehung zum Wasser. Daher ist das Müller’sche Volksbad der Ort für eine Aufführung. Außerdem können wir uns als private Initiative keine großen Bühnenbilder leisten. Deshalb spielen wir an Orten, die eine Geschichte haben und architektonisch interessant sind.

Mussten Sie dafür bürokratische Hürden überwinden?

Im Müller’schen Volksbad gab es schon Modeschauen und Kammerkonzerte. Wir haben eigentlich mit der Ablehnung unserer Anfrage gerechnet. Aber das Gegenteil war der Fall. Achim Dreßler, Produktmanager der Bäder bei den Stadtwerken, hat anscheinend fast auf eine solche Idee gewartet.

Wieso haben Sie sich für die kleinere Damenschwimmhalle entschieden?

Beide Räume sind etwas hallig, aber die Herrenschwimmhalle schien mir wegen ihrer Größe ungeeignet. Die Damenschwimmhalle ist das architektonische Kleinod, es gibt darin sogar eine Art Neptunbrunnen. Die Zuschauer sitzen um das 18 Meter lange Bassin herum und auf einer Empore. Dort spielt auch das Orchester unter Leitung von Ernst Bartmann.

Ist die Besetzung original?

Nein, und wegen der Feuchtigkeit gibt es in den Rezitativen auch kein Cembalo. Wir besetzen die Streicher solistisch und haben die Bläser reduziert. Ein großes Orchester würde den Hörer wegen des Halls völlig erschlagen. Die Damenschwimmhalle klingt wie eine kleinere Kirche oder Kapelle. Sie verlangt ein transparentes Klangbild.

Haben Sie die Oper gekürzt?

Unsere Aufführung hat eine Spieldauer von zweieinviertel Stunden. Wir haben etwa 20 Prozent gestrichen, aber alle wichtigen Szenen sind erhalten geblieben. Die Kastratenpartie des Idamante ist bei uns ein Mezzosopran. Sonst gäbe es vier Tenöre.

Wie finanzieren Sie diese freie Produktion?

Die Stadtsparkasse unterstützt uns, den Rest müssen wir einspielen. Es ist immer ein Risiko dabei. Letztes Jahr, bei Schumanns „Genoveva“, kamen wir auf keine schwarze Null. Wir brauchen Besucher.

Spielen Sie deshalb während der Theaterferien?

Ja, jetzt sind die Leute ein wenig ausgehungert. Nicht alle Leute können sich Reisen zu Festivals leisten. Aber auch für die Musiker ist die Zeit günstig: Bei uns spielen Mitglieder des Salzburger Mozarteumorchesters, die erst nach den Festspielen Zeit haben.

Was folgt 2011?

Das entscheiden wir erst nach „Idomeneo“. Wenn die Aufführung schlecht läuft, können wir uns nur eine kleine Produktion leisten. Außerdem versuchen wir uns antizyklisch zu verhalten: Im Mozart-Jahr 2005 haben wir Salieris „Tarare“ in der Allerheiligenhofkirche gespielt.

Welchen ungewöhnlichen Spielort haben Sie als nächstes im Auge?

Ich mag Räume ohne repräsentativen Charakter. Trotzdem könnte ich mir eine Reihe von Kirchen vorstellen. Aber das ist nicht ganz einfach: Bestimmte Orte werden von Opernbesuchern nicht als zentral empfunden, obwohl sie zentral liegen. Jenseits der Linie Nationaltheater-Gasteig wird es schwierig. Das Müller’sche Volksbad liegt da an der Ludwigsbrücke ideal, aber die Reithalle in der Heßstraße ist schon schwieriger.

Robert Braunmüller

Premiere am Samstag, 20 Uhr, im Müller’schen Volksbad. Auch am 31. August sowie 1., 8., 10. und 11. September. Karten: Tel. 0151/15 80 90 91

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