Viel zu ernst, um witzig zu sein
Die Pasinger Fabrik versucht das Originelle bei Puccinis „Tosca”
Wenn Tibor Brouwer als Scarpia auf das Furchterregendste die Augen rollt, ist in der extremen Zuschauernähe nie sicher, ob er sich in ein pathetisches Klischee des Bösen rettet oder doch die Darstellungskunst des Stummfilms beschwört. Zumindest richtete Ausstatterin Uta Gruber-Ballehr eine „Tosca” in Schwarzweiß ein. Ausnahmen: Blutflecken, der Mantel des Bösewichts in finster glimmendem Flieder, das Abendkleid der Titelheldin in schlichtem Braun.
Entsprechend unaufwändig singt und spielt Nastassja Nass mit ihrer schön timbrierten Stimme eine Operndiva, die nicht auftrumpft, sondern mit liebenswürdiger Eleganz eine Dienerin ihrer Kunst und ihrer Liebe zu dem Maler Mario Cavaradossi ist. Die Eifersucht, die Floria Tosca empfindet, als sie das vom Geliebten geschaffene Bildnis der Maria Magdalena sieht, ist in dieser Inszenierung begründeter, als es bei Puccini steht. Regisseurin Nilufar Münzing machte aus dem entflohenen politischen Gefangenen, der bei Cavaradossi Unterschlupf findet, eine Frau. Aus der Bass-Partie des Partisanen Cesare Angelotti gegen die französischen Besatzer wurde eine Caecilia in Mezzo-Lage. Kathrin Walder ist darstellerisch etwas verhuscht, stimmlich dagegen erfreulich präsent. Für einen Moment zumindest erliegt der politisch desinteressierte Kirchenmaler (kerniger Strahlemann-Tenor: János Alagi) dem spröden Charme der Widerstandskämpferin.
Münchens kleinstes Opernhaus will eine harte Nuss knacken. Anders als bei Mozart und komischen Italienern, in die ironische Brechungen eingeschrieben sind, ist an der Verismo-Tragödie der originelle, überraschende Zugriff nicht gelungen. Aber der musikalische Leiter Andreas Heinzmann hat den quasiromantischen Orchesterapparat wirkungsvoll entschlackt. Selbst die hochdramatischen Tutti bleiben in der Mikrobesetzung kraftvoll und transparent, ohne sich überanstrengt anzuhören.
Pasinger Fabrik, bis 22. Juli und 2.-19.8.: Do bis Sa,Tel.54818181
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