Vernebelte Verzückungen
Das Elektronik-Duo Karl Hyde und Rick Smith, genannt Underworld, sorgt in der Muffathalle für die totale Reizüberflutung
Er zappelt, springt und schreit wie ein Animateur auf Speed. Dabei könnte Karl Hyde vom Alter her bereits einer der „Expendables“ sein. Der Underworld-Frontmann liefert in der mäßig gefüllten Muffathalle den Beweis ab, dass die Alterslosigkeit im Pop-Business längst auch den Elektro-Zirkus erreicht hat.
Bestes Beispiel ist der ebenfalls 53-jährige Maxi Jazz, der mit seiner Band Faithless immer noch die Hallen zum Kochen bringt. Und Hyde steht dem Jazz in nichts nach. Mit seinem schwarz-weiß geringelten Knast-Outfit aalt sich der drahtige, äußerst charismatische Hobbymaler im Scheinwerferlicht. Und wenn dann auch noch der Kunstnebel aufzieht und Hyde von unten angeleuchtet wird, bekommt sein Auftritt fast etwas Dämonisches.
Unentschieden
Die immer etwas zu theatralische Überinszenierung seiner Person – so liebevoll-unbeholfen Hydes Tanzbewegungen auch sein mögen – geht mit der Inszenierung der Live-Show einher. Da wechselt sich im Hintergrund rasend schnell eine LED-Glitzerwand mit stilisierten Videoprojektionen ab, während die knallbunten Lichtkegel nur so um die Wette sausen. Zur brutalen Reizüberflutung, samt Netzhaut zerfetzender Stroboskopbombardierung, kommt auch noch ein Set hinzu, das sich nicht so recht zwischen den brav-eingängigen Dancetracks des neuen Albums „Barking“ und rotzig-aggressiven Acid-House-Titeln wie „Rez/Cowgirl“ entscheiden kann.
Aus der martialischen Beatmonotonie ragt nach 90 entfesselten Minuten mal wieder „Born Slippy“ heraus. Der unvergessliche Hit aus dem „Trainspotting“-Kultfilm hat auch live noch genau die Mischung aus pulsierender Energie und tranceartiger Melancholie, die Underworld einst so populär gemacht hat.
Florian Koch
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