Verkehrte Körperwelten
Sie sind melodramatisch, schrill und bildgewaltig – die Produktionen der Big Art Group. Caden Manson gastiert mit seiner Big Art Group und „Cinema Fury: The Imitation“ in München.
In München ist die Truppe um Caden Manson und Jemma Nelson keine unbekannte: 2003 zeigte sie ihre Videoperformance „Flicker" bei SpielArt. Ihr Geburtstagsständchen zum 100. des Berliner Hebbeltheaters „Cinema Fury: The Imitation" trägt sie nach einem Zwischenhalt in Paris am 10. und 11. Juli auch in der Muffathalle vor, die heuer 15 Jahre alt wird. Beim Festival Theater der Welt (siehe Artikel links) befragte die Big Art Group mit „The People" soeben die Orestie und das Demokratieverständnis der Hallenser.
AZ: Herr Manson, Ihre Big Art Group arbeitet stark mit technischer Verfremdung. Warum?
CADEN MANSON: Es geht uns um die Spannung zwischen dem filmischen Bild und der Live-Performance. Die Technik ist in unsere Gesellschaft integriert und in unsere Körper eingeschrieben. Wir werden täglich von den Medien manipuliert, und das führen wir vor.
Sie haben die Big Art Group 1999 gegründet. Wie hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen Jahren entwickelt?
Die ersten drei Jahre haben wir dazu gebraucht, den „real time film" zu entwickeln, eine Videoperformance, bei der man Bilder in Echtzeit manipuliert, zum Beispiel die Körper der Schauspieler trennen und neu zusammensetzen kann: einen schwarzen Arm mit einem asiatischen Kopf, einen schwulen Körper mit Hetero- Füßen (lacht). Das Publikum sieht die realen Körper und die manipulierten auf der Leinwand – gar nicht einfach, das zusammenzudenken. Von 2002 an sind wir damit auf Tour gegangen und machen ungefähr ein neues Stück pro Jahr.
Was erwartet uns in München?
In unserer Serie „Cinema Fury" geht es ums Kino. Das Publikum in „The Imitation" steht wie bei einem Rockkonzert und ist von vier Leinwänden umgeben, auf denen ein Film zu sehen sein wird, der live gedreht wird und von Douglas Sirk inspiriert ist. Davor sind die Musiker positioniert. „The Imitation" ist unsere Liebeserklärung an New York. Die Kulissen der Videos sind alle aus dem Müll der Stadt gefertigt. Ich kann Ihnen sagen, New York hat großartigen Abfall!
Sie arbeiten mit verschiedenen Künstlern. Wie funktioniert das?
Jemma Nelson und ich verkörpern künstlerisch und administrativ die Big Art Group. Alle anderen stoßen projektweise dazu. Es gibt keine Hierarchien: Wir teilen unsere künstlerischen Ideen.
Bei allem Erfolg: Können Sie von Ihrer freien Theaterarbeit leben?
Gerade läuft es ganz gut, wegen der internationalen Koproduktionen und weil wir hin und wieder Sponsoren auftreiben können. Dennoch: Wir leben von der Hand in den Mund. New York wird immer teurer, weg wollen wir trotzdem nicht. Deshalb haben wir alle noch andere Jobs.
Georg Kasch
Muffathalle, am 10. und 11. Juli, jeweils 21 Uhr